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Gemeinnützig stiften - aber richtig

Von Petra Navara

Recht

Das neue Bundesstiftungs- und Fonds-Gesetz belebt das Stiftungswesen in Österreich.


Wien. Rund 700 Stiftungen sind in Österreich rein gemeinnützig tätig und leisten unverzichtbare Arbeit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Seit ein neues Bundesstiftungs- und Fonds-Gesetz (BStFG) verhandelt und verabschiedet worden war, bildeten die Medien quer durch alle Bundesländer eine Unzahl positiver Beispiele gemeinnütziger Stiftungsarbeit ab - in der Betreuung und Integration von Flüchtlingen, im Umweltschutz, der Förderung sozial benachteiligter Kinder oder in der Regionalentwicklung. Überall tragen Stiftungen zur Finanzierung innovativer Projekte bei.

Mit der "Dr. Erwin Pröll Privatstiftung" steht erstmals wieder eine Stiftung im Lichte der klassischen Verdächtigungen, Kapital zu horten, Steuern zu vermeiden und Günstlinge zu begünstigen. Die Rechtsform der Stiftung ist dafür eigentlich nicht wirklich geeignet, denn: Der Aufbau des Kapitalstocks ist nur dann zulässig, wenn ein Business Plan für seine Verwendung vorliegt; Steuerersparnisse gibt es für Privatstiftungen - 14 Novellen nach dem Inkrafttreten des Privatstiftungsgesetzes 1993 - schon lange nicht mehr, und Gemeinnützigkeit wird erst mit der zweckgemäßen Verwendung von Mitteln Realität.

Ohne den Erkenntnissen des Rechnungshofs in der Causa "Dr. Erwin Pröll Privatstiftung" vorgreifen zu wollen, traue ich mich zu behaupten: Die Rechtsform ist per se nicht das Problem, es geht darum, wie sie belebt wird. Die Wahl der Rechtsform (Privatstiftung statt Landesstiftung), die Aufbringung des Gründungskapitals (anonyme Spenden), die Besetzung der Organe (der Landeshauptmann im Vorstand), das Einspielen von Steuermitteln und die Gebarung (Ausschüttung nach Gutdünken): Hier wurde alles falsch gemacht, wenn zur Zeit ihrer Errichtung vor zehn Jahren die Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks intendiert war.

Renaissance des Stiftungswesens

Gemeinnützige Stiftungen, ob von Personen, Vereinen oder Unternehmen errichtet, ob in der Rechtsform der Privatstiftung oder einer Bundes- oder Landesstiftung agieren heute in einem anderen Geist: Sie präsentieren sich auf Webseiten, sie wollen gesehen werden, sie suchen die Interaktion mit der Öffentlichkeit. Mit dem neuen Bundesstiftungs- und Fonds-Gesetz, das im Jänner 2016 in Kraft trat, erlebt das österreichische Stiftungswesen eine Renaissance, denn erstmals seit langer Zeit erfahren Stiftungen, dass sie erwünscht sind und gebraucht werden.

Politische Signale (neuer gesetzlicher Rahmen) und öffentliche Wertschätzung (positive Presse) machen ernsthaftes gesellschaftliches Engagement in Form einer gemeinnützigen Stiftung attraktiv. Soziales, Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Bildung, Gesundheit, Umweltschutz: Die neue Bundesstiftung kann mit mehr oder weniger Kapital langfristig und mit überschaubaren steuerlichen Anreizen Innovationen finanzieren oder Nischenprojekte fördern, wo die öffentliche Hand nicht hinreicht und die Wirtschaft kein Interesse zeigt.

Die Veränderung des Klimas zeigt Wirkung: Achtzehn neue gemeinnützige Stiftungen wurden seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes errichtet, der größere Teil noch gemäß PSG 1993. Sie unterstützen in Not geratene Menschen, die Bewahrung von Kulturdenkmälern und Kunstsammlungen, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Jugendliche in Österreich, Osteuropa und Übersee und tragen mit jeder Intervention zur gedeihlichen Entwicklung unserer Gesellschaft bei.

Die "Dr. Erwin Pröll Privatstiftung" müsste keine Causa sein: Transparenz herstellen und Fehler zugeben, Stiftung löschen und Geld zurückzahlen. Fehler sind behebbar; das rettete nicht nur die Ehre so mancher, sondern rehabilitierte auch die Rechtsform der Stiftung.

Verbesserungsmöglichkeiten im Gesetz

Der Gesetzgeber kann dazu beitragen, dass allfällige Fake-Stiftungen aussterben. Nicht, indem er strenger kontrolliert oder härter straft, sondern indem er mehr Klarheit herstellt, weitere Optionen öffnet und die Ansätze zur Schaffung von mehr Transparenz ausbaut: Klarheit brauchen die Definitionen von Gemeinnützigkeit und Spendenabsetzbarkeit, die aufeinander abgestimmt und mit Hausverstand nachvollziehbar sein sollten. Die Bundesabgabenordnung ist nicht mehr zeitgemäß und als Referenzrahmen nur unzureichend. Und schließlich sollten darauf bezogene Steuervorteile nicht nur gerechtfertigt, sondern auch nachvollziehbar sein.

Neue Optionen für gemeinnütziges Stiften ergäben sich automatisch aus einer moderneren Interpretation von Gemeinnützigkeit. Der Gesetzgeber kann zusätzlich Initiativen setzen, wie aktuell mit der Errichtung der Innovationsstiftung Bildung, die die Förderung des Sektors recht visionär anlegt. Neue Optionen sollten hinsichtlich der Unterstützung von Start-ups angedacht werden. Sie wäre nicht gemeinnützig im engeren Sinn, aber sinnvoll im weiteren Kontext. Und das Interesse der Stiftungen, mit Impact Investments soziale Unternehmen zu stärken, ist da.

Kein Platz mehr für Fake-Stiftungen

Mehr Transparenz ist ein integraler Bestandteil des BStFG, das eine Offenlegung des Jahresabschlusses jeder Bundesstiftung in einem zentralen und öffentlich einsehbaren Register verlangt. Hier ist die Verwaltung gefordert, das Register so zu gestalten, dass die Informationen auch lückenlos und ohne bürokratische Hindernisse für alle zugänglich sind.

Die Wiederbelebung einer jahrhundertealten Stiftungskultur - bis zu den Weltkriegen gab es in Österreich 10.000 gemeinnützige Stiftungen - ist angelaufen. Gesetzgeber und Verwaltung, Kanzleien, stiftende Personen und Institutionen, die Öffentlichkeit - wir sind dabei, dieses Instrument neu zu entdecken und den Herausforderungen unserer Zeit angemessen zu nutzen. Fake-Stiftungen haben keinen Platz in Österreichs neuer Stiftungskultur.

Gastkommentar

Petra

Navara

ist Geschäftsführerin des Verbandes für gemeinnütziges Stiften. Die Ethnologin und Autorin hat über 20 Jahre Berufserfahrung in der Entwicklungspolitik, etwa als Geschäftsführerin von NGOs und des Dachverbands humanitärer und entwicklungspolitischer Organisationen.