Wien. (apa/kle) Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüft die Frage, ob die Finanzmarktaufsicht (FMA) weiterhin hohe Geldstrafen verhängen darf oder ob derart hohe Geldbußen besser von Gerichten im Rahmen der ordentlichen Strafgerichtsbarkeit verfügt werden sollten. Bei einer öffentlichen Verhandlung vor dem VfGH, die vergangenen Dienstag stattfand, wurden Argumente für und wider vorgebracht. Den Stein ins Rollen gebracht hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), das sich mit einem Antrag auf Gesetzesprüfung an das Höchstgericht gewandt hatte.
Kurz zur Vorgeschichte: Zwei Finanzinstitute, die Meinl Bank und Western Union, hatten von der FMA hohe - nicht rechtskräftige - Strafen ausgefasst. Die Meinl Bank sollte demnach mehr als 900.000 Euro zahlen, weil sie gegen Bestimmungen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verstoßen und mehrere Jahresabschlüsse nicht wie vorgeschrieben vorgelegt habe. Die Western Union sollte rund 200.000 Euro zahlen, weil eine interne Unternehmensrichtlinie zur Umsetzung der Geldwäsche-Prävention nicht den Vorschriften entsprochen habe.
Das BVwG war in zweiter Instanz mit den von der FMA verhängten Strafen befasst. Moniert wird der Paragraf 99d Bankwesengesetz (BWG). Darin ist geregelt, dass die FMA gegen juristische Personen Geldstrafen in Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verhängen kann. Das BVwG erklärt, dass dieser hohe Strafrahmen in den Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit reiche und Verfahren dazu daher nicht von der FMA und dem BVwG, sondern von den Strafgerichten geführt werden sollten. Daher widerspreche der Paragraf dem Artikel 91 B-VG und sei daher als verfassungswidrig aufzuheben. Auch die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und die damit bewirkte Verbesserung des Rechtsschutzes könnten nicht dazu führen, dass die Garantien, welche das Verfassungsrecht für das Strafrecht im materiellen Sinn vorsehe, erloschen wären.
"Verwaltungssanktionen"
Vertreter der Regierung und der FMA wandten sich mit zahlreichen Argumenten gegen eine Aufhebung der Gesetzesbestimmung. "Das Kriminalrecht ist für Verbrecher da, das Verwaltungsrecht ist für alle da", hieß es etwa. Es müsse wohl ein Unterschied bestehen zwischen dem Verbrechen der Geldwäsche, das von Strafgerichten behandelt werde, und der Einhaltung der präventiven Ordnungsvorschriften gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die eben von der FMA als Verwaltungsbehörde überwacht und sanktioniert werden. Auch die Höhe der Strafen, die die FMA verhängen könne, sei gerechtfertigt, denn die Gefahr eines Missbrauchs des Finanzsektors für Geldwäsche etc. sei eine der größten Gefahren für das Finanzsystem überhaupt. Schließlich gehe es auch um die Umsetzung von EU-Recht: In der entsprechenden Richtlinie zur Vereinheitlichung von Finanzstrafen sei von "Verwaltungssanktionen", Verwaltungsmaßnahmen" und "Verwaltungsbehörden" die Rede.
Für die betroffenen Finanzinstitute geht es um viel Geld: Sollte der VfGH die Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig aufheben, würden ihre Strafen wegfallen. Gibt der VfGH der Beschwerde nicht statt, muss das BVwG in zweiter Instanz jedenfalls inhaltlich die konkreten Fälle prüfen. Die Höchstrichter werden ihr Erkenntnis mündlich verkünden oder schriftlich fällen.