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Versteinert das Vermögen der Privatstiftung?

Von Alix Frank-Thomasser, Martina Heidinger und Brigitta Schwarzer

Recht

Gastbeitrag: Eine Novelle zum Privatstiftungsrecht ging diesen Sommer in Begutachtung - bis zur Nationalratswahl am 15. Oktober wurde sie jedoch auf Eis gelegt.


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© fotolia/nirutft

Das österreichische Privatstiftungsrecht ist etwas mehr als 20 Jahre alt. Die Veränderung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Privatstiftung, wie auch Streit- und Zweifelsfälle, die zu einer reichen Judikatur und damit zu einer entsprechenden Rechtsfortentwicklung geführt haben, entsprachen jedoch beim besten Willen nicht immer den Bedürfnissen der Privatstiftungen und der dahinterstehenden Familien.

Diesen Sommer ging daher eine Novelle zum Privatstiftungsrecht in Begutachtung - bis zur Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 wurde sie jedoch wieder auf Eis gelegt. Ein ganz wesentliches Ziel dieser Novelle ist es, den Einfluss der Familie und damit den Einfluss des Stifters und seiner Rechtsnachfolger auf die Privatstiftung zu erhalten. Es soll nicht zur "Versteinerung" des Stifterwillens kommen und folglich zum "Einfrieren" von Familienvermögen.

Die Privatstiftung ist eine Rechtsperson

Ursprünglich wurde das Privatstiftungsrecht ins Leben gerufen, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen wollte, Familienvermögen langfristig zu bewahren und zu vermehren, ohne eine Aufsplitterung unter vielen Erben zu riskieren. Im internationalen Vergleich wird in diesem Zusammenhang immer wieder der sogenannte Family Trust erwähnt. Der Unterschied zwischen einem Family Trust und einer österreichischen Privatstiftung ist jedoch enorm.

Alix Frank-Thomasser ist Gründerin und Partnerin der Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte als Rechtsanwältin sind unter anderem Gesellschaft-und Stiftungsrecht.
© Doris Kucera

Der Trust ist ein zumindest zweiseitiger Vertrag, mit dem Ziel, dem Treuhänder die erforderliche Verfügungsmacht einzuräumen, um Vermögen zu erhalten und zu vermehren. Die Familie, die beim Family Trust faktisch der Treugeber ist, behält ihren umfassenden Einfluss auf die Entwicklung des Familienvermögens.

Die österreichischen Privatstiftung ist hingegen eine eigene Rechtsperson und als solche im Firmenbuch beim jeweils zuständigen Gericht in Österreich eingetragen. Die Familie, die in der Regel als Stifter auftritt, verliert bis auf sehr eingeschränkte Möglichkeiten faktisch völlig den Einfluss auf das Familienvermögen. Trotz alledem erfreute sich die österreichische Privatstiftung zunächst durchaus entsprechender Beliebtheit. Nur acht Jahre nach dem Inkrafttreten des Privatstiftungsgesetzes gab es bereits 2527 Privatstiftungen in Österreich. Zum 31. Dezember 2016 stehen wir nun bei rund 3193 Privatstiftungen österreichweit.

Einer der größten Arbeitgeber in der Republik

Martina Heidinger ist als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin als geschäftsführendeGesellschafterin der SOT Süd-Ost Treuhand Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH in Wien tätig.
© Doris Kucera

Die österreichische Privatstiftung ist heute einer der größten Arbeitgeber in der Republik, da vielfach Privatstiftungen als sogenannte Konzern-Holdinggesellschaften fungieren. Privatstiftungen sind stabile Gesellschafter und Kernaktionäre. Die Privatstiftung ist nicht - wie manche vielleicht meinen - ein Hort, um Privatvermögen vor dem Fiskus zu verstecken. Privatstiftungen in Österreich unterliegen zwingend der Aufsicht eines Wirtschaftsprüfers als Stiftungsprüfer, der vor allem prüft, ob das Vermögen der Stiftung im Einklang mit dem Stiftungszweck verwaltet wird.

Es liegt auf der Hand, dass ein einmal vom Stifter festgelegter Stiftungszweck sich den wechselnden Rahmenbedingungen nicht einfach so anpassen kann. Umso wichtiger ist es, dass eine Familie ihren Einfluss auf ihr gestiftetes Vermögen erhalten kann, um angesichts veränderter Rahmenbedingungen eingreifen zu können.

Wirtschaftsstandort soll abgesichert werden

Der nun vorliegende Ministerialentwurf zur Privatstiftungsnovelle hat sich nun mit sehr behutsamen Schritten diesem Thema gewidmet.

Brigitta Schwarzer ist Expertin für Governance & Compliance und gerichtlich beeideteSachverständige für D&O-Versicherungen. Weiters ist sie geschäftsführende Gesellschafterin der INARA GmbH.
© Doris Kucera

Zunächst will die Novelle die Funktionsfähigkeit der Privatstiftungen absichern und damit den Wirtschaftsstandort Österreich, da das Vermögen der Privatstiftungen überwiegend in Beteiligungen an österreichischen Unternehmen besteht. Dem Stifter soll es künftig offen stehen, den Vorstand zu verkleinern und damit die Governance an die Vermögensstruktur der Stiftungen effizient anzupassen.

Andererseits soll das Aufsichtsorgan (zumeist ein Beirat) durch die Verankerung der Vertretung der Stifterfamilie in einem solchen Aufsichtsorgan aufgewertet werden. Der Gesetzgeber hat schon bisher darauf verzichtet, die Privatstiftung einer permanent tätigen staatlichen Aufsicht zu unterziehen. Vielmehr gibt er dem Stifter die Möglichkeit, Aufsichtsorgane einzusetzen, um die fehlende Eigentümerkontrolle zu ersetzen.

Gefangen im Stiftungszweck?Die Neuerscheinung der Autorinnen Alix Frank-Thomasser, Martina Heidinger und Brigitta Schwarzer gibt einen Praxisblick auf die reale Welt der Stiftungen, indem die persönlichen Erfahrungen von Stiftern, Begünstigten und Stiftungsvorständen mit der Privatstiftung beleuchtet werden. Es ist im Verlag LexisNexis erschienen und widmet sich dem Erneuerungsbedarf der Regelungen des Privatstiftungsgesetzes. (ISBN: 978-3-7007-6125-9)

Auch ein Aufsichtsorgan soll künftig die Möglichkeit haben, Begünstigte dem Grunde nach festzustellen. Dies war bisher dem Stifter oder dem Stiftungsvorstand vorbehalten. Auf diesem Weg werden auch Familienmitglieder in diese sehr wichtige Entscheidung miteinbezogen.

Begünstigte werden gestärkt und in die Pflicht genommen

Als Ausgleich für die Stärkung der Begünstigtenrechte und damit in den meisten Fällen der Rechte der Stifterfamilie werden Begünstigte durch geeignete Regelungen in Anlehnung an das Kapitalschutzrecht der Aktiengesellschaft und der GmbH in die Pflicht genommen, wenn sie mit dem Stiftungsvorstand zusammenwirken, um die Privatstiftung "auszuräumen". Andererseits soll durch die Novelle aber auch geklärt werden, dass Begünstigte (ähnlich wie im Kapitalgesellschaftsrecht), die guten Glaubens Ausschüttungen erhalten, auch keinem Rückforderungsanspruch mehr ausgesetzt sind.

Es bleibt abzuwarten, ob die neue Legislaturperiode sich diesem anspruchsvollen Projekt widmet, die österreichische Privatstiftung wieder in eine attraktive Familienstiftung zu verwandeln. Geboten wäre es, um langfristig eine effektive und unternehmerische Verwaltung des Vermögens in der Privatstiftung zu gewährleisten.