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Investitionen unter der Lupe

Von Stephan Denk und Lukas Bauer

Recht

Die EU plant schärfere Prüfungen beim Einstieg von Unternehmen aus Drittstaaten.


Das Volumen der Direktinvestitionen von Nicht-EU-Unternehmen in EU-Unternehmen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Investitionen betreffen immer häufiger sensible Infrastruktur oder Technologien. Dies sorgt vermehrt für politische Diskussionen zur Frage der Notwendigkeit einer EU-weiten verschärften Investitionsprüfung.

Rund die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich und Deutschland) verfügt bereits über gesetzliche Mechanismen zur Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen. In Österreich besteht etwa eine Genehmigungspflicht für kontrollierende Beteiligungserwerbe durch Nicht-EU-Investoren an österreichischen Unternehmen in sensitiven Bereichen wie etwa Verteidigungsgüter, Energie- und Wasserversorgung oder Telekommunikation (§ 25a Außenwirtschaftsgesetz). Andere - vor allem jüngere - EU-Mitgliedstaaten sehen jedoch keine regulatorische Möglichkeiten zur Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen vor.

Die EU greift hier nun stärker ein und plant die Schaffung eines harmonisierten Rechtsrahmens. Dadurch sollen auch unionsweite Interessen bei ausländischen Investitionen in Betracht gezogen werden können. Die Europäische Kommission hat dazu jüngst einen Verordnungsentwurf vorgelegt, wonach die EU Mitgliedstaaten und die Kommission in Zukunft Übernahmepläne verschärft prüfen können, wenn durch die geplante Direktinvestition eines Nicht-EU Investors in ein europäisches Unternehmen die Sicherheit oder "öffentliche Ordnung" betroffen sein können.

Die Einführung einer solchen EU-weiten Investitionsprüfung könnte weitreichende Folgen für zukünftige ausländische Direktinvestitionen in EU-Unternehmen haben, da die EU Kommission den Anwendungsbereich sehr weit interpretiert und sich selbst sowie den Mitgliedstaaten umfassende Kontroll- und Eingriffsrechte einräumt.

Erweiterung der relevanten heiklen Investitionsbereiche

So werden ausländische Direktinvestitionen in kritische Infrastrukturen (Energie- und Kommunikationsnetze, Energieversorgung, Transport, Datenspeicherung oder Finanzinfrastruktur etc), in kritische Technologien (künstliche Intelligenz, Halbleiter, Robotik, Dual Use, Cybersicherheit etc) und mögliche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit kritischer Ressourcen als Anknüpfungspunkte für eine Überprüfung genannt.

Kontrolle bei Beteiligung
von Staatsfonds

Betont wird auch, dass die Kontrolle oder erhebliche Finanzierung eines Investors durch eine ausländische Regierung bei der Beurteilung der Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit berücksichtigt werden können.

EU-weite Prüfrechte der
Kommission und der
Mitgliedstaaten

Prüft ein EU-Staat eine ausländische Direktinvestition, so sollen künftig die übrigen Mitgliedstaaten und die EU Kommission umgehend informiert werden. Diese können binnen 25 Werktagen Bedenken schriftlich äußern.

Die EU Kommission kann Direktinvestitionen, die Sicherheitsinteressen der EU betreffen, auch selbständig prüfen. Dadurch ist mit einer Verlängerung der Dauer von Investitionsprüfungen zu rechnen. Diese Äußerungen sind zwar nicht rechtlich bindend, die EU Staaten sind aber angehalten, die Stellungnahmen "in gebührender Weise" zu berücksichtigen und jede Nicht-Berücksichtigung entsprechend zu begründen.

Abschottungstendenzen

Mit diesem Vorschlag zeigt die EU deutlich die europäische Dimension der Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen auf und überlässt die Prüfkompetenz nicht mehr allein den einzelnen Mitgliedstaaten. Zur Sicherstellung der Kontrolle auch in Mitgliedstaaten ohne entsprechende Prüfmechanismen, und um unionsweite Interessen hinreichend berücksichtigen zu können, soll in Zukunft bei "foreign investment reviews" ganz Europa mitsprechen können: d.h. ausländische Direktinvestitionen (von Nicht-EU Investoren) in jedem einzelnen Mitgliedstaat sollen von allen übrigen Mitgliedstaaten und der EU Kommission umfassend geprüft werden können.

Ob diese verschärfte Prüfkompetenz zu einer Eintrübung der zuletzt starken Inbound-Investitionstätigkeiten in Europa führen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass leichte europäische Abschottungstendenzen erkennbar sind und in Zukunft mit strengeren (und längeren) Prüfverfahren zu rechnen ist.

Der Schutz nationaler und europäischer Interessen mag vielen grundsätzlich als legitimes wirtschaftliches und politisches Ziel erscheinen. Dennoch müssen solche Schutzmaßnahmen sorgfältig gegen die Förderung von ausländischen Investitionen in Europa abgewogen werden. Solche Direktinvestitionen bieten Chancen für viele EU-Staaten und fördern europäisches Wirtschaftswachstum und Produktivität. Die zunehmende Regelungsdichte zur Prüfung von ausländischen Direktinvestitionen in Europa schafft zusätzliche regulatorische Hürden für internationale Investoren. Unternehmen, die in der EU investieren wollen, müssen in Zukunft vorweg verstärkt prüfen, ob ihre geplanten Investitionen europäische Sicherheitsbedenken auslösen können und allenfalls zeitgerecht entsprechende Genehmigungsanträge stellen.

Gastkommentar

Stephan

Denk

ist Partner in der internationalen Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer in Wien. Sein Beratungsschwerpunkt liegt im österreichischen und europäischen Außenwirtschaftsrecht.

Lukas

Bauer

ist Rechtsanwalt in der internationalen Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer in Wien. Sein Beratungsschwerpunkt liegt im österreichischen und europäischen Außenwirtschaftsrecht.