Nach vereinzelter Ansicht in der Literatur soll dem Offenlegungserfordernis etwa dann nicht Genüge getan sein, wenn ein bloßer Karton mit Rechnungen samt dem Hinweis, dass diese nicht in der Abgabenerklärung berücksichtigt wurden, übergeben wird. Auch die pauschale Übergabe sämtlicher Buchhaltungsunterlagen und das Ersuchen an das Finanzamt, die Steuerbeträge im Zuge einer Betriebsprüfung zu ermitteln, erfüllt nicht das Kriterium der Offenlegung.
Offenlegung der Umstände
auf Basis der Eigenschätzung
Eine ordnungsgemäße Offenlegung macht es daher regelmäßig notwendig, der Abgabenbehörde Unterlagen, Dokumente und sonstige Aufzeichnungen zu übermitteln, aus denen sich die steuerliche Bemessungsgrundlage ergibt beziehungsweise ableiten lässt. Es liegt aber geradezu in der Natur der Sache, dass Finanzvergehen grundsätzlich nicht dokumentiert werden. So wird etwa der Abgabepflichtige, der Schwarzgeldzahlungen vereinnahmt, üblicherweise keine Aufzeichnungen über seine Einnahmen führen. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob die vom Gesetz geforderte Offenlegung der bedeutsamen Umstände auch durch eine - nicht durch Dokumente oder sonstige Aufzeichnungen belegte - Eigenschätzung des Abgabepflichtigen erfüllt werden kann.
Sowohl die Verwaltungspraxis als auch die einschlägige Rechtsprechung gehen unter bestimmten Voraussetzungen von der Zulässigkeit einer solchen Eigenschätzung aus. Wenn keine oder nur unvollständige Aufzeichnungen vorhanden sind, kann somit eine Offenlegung der bedeutsamen Umstände auf der Basis einer Schätzung erfolgen. Ist diese nachvollziehbar und in sich schlüssig und sind auch die anderen Voraussetzungen des § 29 FinStrG erfüllt, so ist die Selbstanzeige wirksam und entfaltet strafbefreiende Wirkung.
Eine Selbstanzeige auf der Basis von selbst geschätzten Bemessungsgrundlagen ist im Verhältnis zu einer vollständigen Offenlegung aber stets nachrangig und muss daher sachlich gerechtfertigt sein. Es versteht sich von selbst, dass ein mit der Beschaffung von Unterlagen verbundener Kostenaufwand oder auch bloße Bequemlichkeitsgründe keine ausreichenden Gründe für eine Eigenschätzung im Zuge einer Selbstanzeige darstellen.
Drohende Betriebsprüfungen oder akute Entdeckungsrisiken
Anderes gilt dann, wenn es dem Abgabepflichtigen aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, Bemessungsgrundlagen anhand geeigneter Dokumente oder Unterlagen offenzulegen. Der Abgabepflichtige hat - aus verschiedenen Gründen - oftmals ein immanentes Interesse daran, eine Selbstanzeige möglichst rasch zu erstatten. So können etwa drohende Betriebsprüfungen oder sonstige akute Entdeckungsrisiken dazu führen, dass die Eigenschätzung nicht nur zweckmäßig, sondern geradezu notwendig ist. Ist daher die Beschaffung von Urkunden, Dokumenten oder sonstigen Daten nicht kurzfristig möglich, kann auch dies im Einzelfall eine Eigenschätzung rechtfertigen.
Ist eine Schätzung dem Grunde nach zulässig, so hat der Abgabepflichtige in der Selbstanzeige jedenfalls darzulegen, dass die Offenlegung in Form einer Schätzung erfolgt. Dabei ist nicht nur die Tatsache der Schätzung an sich, sondern auch eine tragbare Rechtfertigung dafür, sowie eine Erläuterung der gewählten Schätzungsmethode im Detail darzustellen. In der Praxis empfiehlt es sich, möglichst Schritt für Schritt, darzulegen, welche Annahmen aus welchen Gründen getroffen wurden und wie auf der Basis dieser Annahmen ein bestimmtes Ergebnis zustande gekommen ist. Wenn teilweise Unterlagen vorliegen, sind diese offenzulegen und hat die Schätzung die darin enthaltenen Informationen zu berücksichtigen.
Zum Autor
Franz
Althuber
ist Rechtsanwalt und Gründungspartner der auf Steuerverfahren, Finanzstrafrecht und Managerhaftung spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Althuber Spornberger & Partner. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen unter anderem in der Beratung und Vertretung von Unternehmen und Geschäftsleitern in allen Bereichen des streitigen Steuerrechts, in steuer- und gesellschaftsrechtlichen Haftungsverfahren. ASP-LAW