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Selektiver Luxus

Von Dieter Hauck

Recht

Der EuGH hat entschieden, dass ein selektives Vertriebssystem für bestimmte Waren kartellrechtskonform ist.


Selektive Vertriebssysteme haben eine - so auch die eCommerce Untersuchung der Europäischen Kommission - steigende Bedeutung. Aufgrund des Pierre-Fabre-Urteils des EuGHs schien es zweifelhaft, ob die Notwendigkeit, das Image einer Marke zu schützen, ein selektives Vertriebssystem rechtfertigen könne. Im Urteil Coty stellte der EuGH nunmehr klar, dass ein Drittplattformenverbot im selektiven Vertriebssystem von einem pauschalen Verbot des Internetverkaufes zu unterscheiden ist und die Qualifikation der Waren Bedeutung hat.

In Coty ging es um die Frage, ob ein Hersteller von Luxusparfums (Coty) seinen zugelassenen Händlern verbieten kann, die Produkte im Internet über Drittplattformen wie Amazon, eBay, etc. anzubieten. Coty befürchtete, dass das exklusive Image seiner Parfums durch diesen Vertrieb gefährdet werde.

Unstrittig ist, dass die Einrichtung und der Betrieb eines selektiven Vertriebssystems kartellrechtskonform sind, wenn die Auswahl der Händler aufgrund objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich festgelegt und diskriminierungsfrei angewendet werden. Die Eigenschaften des vertriebenen Erzeugnisses müssen zur Wahrung seiner Qualität sowie zur Gewährleistung des fachgerechten Gebrauches die Einrichtung eines solchen Vertriebsnetzes erfordern und die festgelegten Kriterien dürfen nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.

Auch ein primär auf die Sicherstellung des Prestigecharakters von Luxuswaren gerichtetes selektives Vertriebssystem ist grundsätzlich kartellrechtskonform. Aus seiner markenrechtlichen Rechtsprechung leitet der EuGH ab, dass "die Qualität von Prestigewaren nicht alleine auf ihren materiellen Eigenschaften, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht", beruht, weshalb der Schutz dessen der Wahrung der Qualität des Produktes dienen kann.

Keine Drittplattformen

Auch das Verbot, Waren über Drittplattformen zu verkaufen, ist bei Einhaltung der oben dargestellten sogenannten "Metro Kriterien" innerhalb eines selektiven Vertriebssystems kartellrechtskonform. Nur so kann der Hersteller sicherstellen, dass seine Produkte ausschließlich von zugelassenen Händlern verkauft werden und dass ihm die Kontrolle darüber verbleibt, dass seine Waren in einer entsprechenden Umgebung angeboten werden. Das Verbot ist auch nicht überschießend, da der sonstige Verkauf der Produkte über das Internet möglich ist.

Sollte ausnahmsweise doch eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegen, so hält der EuGH auch eine Freistellung nach der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung für möglich, da keine Kernbeschränkung vorliegt. Damit wird auch das Signal gesendet, dass keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vorliegt.

Gilt das nur für "Luxuswaren"? Der EuGH setzt sich mit der Definition nicht auseinander. Generalanwalt Wahl ist hier wesentlich breiter und verweist auf "qualitativ hochwertige Verbrauchsgüter". Ähnlich auch die Europäische Kommission und deutsche Gerichte.

Jedenfalls wird die Freiheit bei der Gestaltung von selektiven Vertriebssystemen etwas größer. Unterstützt werden Hersteller, die nicht über Drittplattformen vertreiben wollen, es sei denn, sie tun es selbst, dann werden sie es auch ihren Händlern nicht untersagen können. Ob die Marktmacht von Drittplattformen etwas anderes gebietet, ist eine davon unabhängige faktische Überlegung. Im Rahmen der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung sollten auch andere Produkte als Luxuswaren profitieren können.

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Dieter
Hauck

ist Partner und Rechtsanwalt bei Preslmayr Rechtsanwälte. Zu seinen Schwerpunkten zählen das Datenschutzrecht, Kartellrecht, Marktmissbrauch und Fusionskontrolle.