
"Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir in der sich schnell entwickelnden Welt am Ball bleiben - und das geht am besten digital", sagte Vera Jourová, Justizkommissarin der Europäischen Union, im Rahmen des Treffens der EU-Regierungschefs, das im September 2017 in Tallinn unter dem Titel "Crossing Borders, Digitally" stattfand. Die Themen: Digitalisierung im Gesellschaftsrecht und grenzüberschreitende Mobilität für Unternehmen. Dass das Gastgeberland Estland bei der Digitalisierung in der EU eine Vorreiterrolle einnimmt, ist bekannt - dort kann man bereits seit Jahren online wählen, online Verträge unterzeichnen und auch Gesellschaften online gründen.
Seit 25. April 2018 liegt ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht vor. Damit werden digitale Lösungen für Formalitäten im Laufe des Lebenszyklus einer Gesellschaft angestrebt, mit dem Ziel, die Behördenkontakte zu vereinfachen, die Bearbeitungsdauer zu verkürzen sowie die Kosten zu senken. Worum geht es nun konkret?
Die Gründung einer Gesellschaft oder die Errichtung einer Zweigniederlassung soll vollständig online erledigt werden können, ohne dass der Antragsteller physisch bei einer Behörde oder einer sonstigen Person oder Stelle erscheinen muss. Die Bearbeitung soll innerhalb einer Maximalfrist von fünf Arbeitstagen nach Erhalt sämtlicher Unterlagen erfolgen. Die Mitgliedsstaaten haben zur Vereinfachung des Gründungsprozesses den Antragstellern Muster der Gründungsurkunden online zur Verfügung zu stellen.
Einen ähnlichen Schritt hatte der österreichische Gesetzgeber im Rahmen der letzten GewO-Novellen gesetzt. Durch das GewerbeInformationsSystem Austria (GISA) kann nunmehr jeder Unternehmer österreichweit eine elektronische Gewerbeanmeldung durchführen und muss dafür nicht mehr persönlich vor der Gewerbebehörde erscheinen. Zudem sind die wichtigsten unternehmensbezogenen Daten sämtlicher Gewerbebetriebe, die in Österreich niedergelassen sind online und kostenlos für jedermann zugänglich.
Es soll künftig der Grundsatz der einmaligen Erfassung gesellschaftsrechtlicher Informationen in grenzüberschreitenden Fällen gelten. Jener Mitgliedsstaat, in dem eine Gesellschaft eingetragen ist, ist verpflichtet, die Mitgliedsstaaten, in denen eine Zweigniederlassung eingetragen ist, mit Hilfe des Systems der Registervernetzung von Änderungen (zum Beispiel Firmenwortlaut, Anschrift) zu unterrichten. Durch diese Registervernetzung soll zudem nachprüfbar sein, ob Personen, die als Geschäftsführer eingetragen werden sollen, in einem anderen Mitgliedsstaat bereits für ungeeignet erklärt wurden.