In Zukunft könnten ursprünglich bei Tieren vorkommende Krankheiten immer öfter auf den Menschen überspringen. Ähnlich wie das mit großer Wahrscheinlichkeit beim neuen Coronavirus Sars-CoV-2 geschehen ist. Davor warnen nun Experten des UN-Umweltprogramms (UNEP) und des International Livestock Research Institute (ILRI) in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Dieser zeigt, dass unter anderem die zunehmende Nachfrage nach Fleisch, die steigende Urbanisierung und der Klimawandel dazu beitragen.

"Wenn wir weiterhin die Tierwelt ausbeuten und unsere Ökosysteme zerstören, können wir einen stetigen Strom dieser Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, in den kommenden Jahren erwarten", warnte UNEP-Chefin Inger Andersen. Die Corona-Krankheit Covid-19 ist demnach nur ein Beispiel für den Anstieg von Zoonosen - also von Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen.

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist vermutlich von Fledermäusen über ein anderes Tier auf den Menschen übertragen worden. Auch Ebola und Mers sprangen von Tieren über. Schleichkatzen stehen im Verdacht, das Sars-Virus 2003 auf den Menschen übertragen zu haben.

Vorhersehbare Pandemie

"Während viele auf der Welt von Covid-19 überrascht waren, waren wir, die über Tierkrankheiten forschen, es nicht", sagte Delia Randolph, eine Veterinär-Epidemiologin beim ILRI. "Dies war eine höchst vorhersehbare Pandemie." Seit den 1930ern gebe es einen "klaren Trend" einer steigenden Zahl von menschlichen Krankheiten - und rund 75 Prozent davon stammen von Wildtieren. Oft sind dem Bericht zufolge domestizierte Tiere wie Vieh die Vermittler.

Für den Anstieg sind nach Angaben des Berichts mehrere menschliche Faktoren verantwortlich. Zum einem liegt es demnach an der weltweit zunehmenden Nachfrage nach Tierproteinen und der damit wachsenden Tierwirtschaft. Dadurch gebe es immer mehr und genetisch ähnlichere Tiere, die anfälliger für Infektionen seien. Auch die zunehmende Ausbeutung der Tierwelt durch das Jagen, den Handel sowie den Verzehr wilder Tiere spiele eine Rolle.

Weitere Gründe sind demnach das Bevölkerungswachstum und die rasante Urbanisierung. Städte wachsen, Wälder werden abgeholzt - dadurch kommen Menschen immer mehr mit der Natur und Tieren in Kontakt. In einigen Gegenden würden menschliche Aktivitäten "die natürlichen Puffer, die den Mensch einst vor diesen Erregern geschützt haben, niederreißen", sagte Doreen Robinson, die Leiterin der Abteilung für Wildtiere bei UNEP.

Randolph nannte als Beispiel Ebola: Ausbrüche der gefährlichen Krankheit konnten sich früher nicht groß ausbreiten, weil weniger Menschen in einem Gebiet lebten und diese viel weniger mobil waren. Doch das ist heute anders. Der Ebola-Ausbruch im Osten des Kongos konnte sich unter anderem wegen der Bevölkerungsdichte in der Region fast zwei Jahre lang halten.

Klimawandel befeuert

Auch der Klimawandel befeuert den Anstieg der Krankheiten. Wärmere Temperaturen können ideale Bedingungen für Erreger und Überträger schaffen, wie der Bericht erklärt. Klimatische Veränderungen könnten beeinflussen, wo etwa Fledermäuse und Affen, von denen einige Erreger ausgehen, und Moskitos, die Erreger oft übertragen, leben.

Diese Probleme müssten angegangen werden, um die Gefahr zunehmender Krankheiten wie Covid-19 zu reduzieren, mahnen die Forscher. Die Epidemien nur zu bekämpfen, wäre nicht nachhaltig. Das wäre, als würde man bei einem kranken Menschen "nur die Symptome behandeln, und nicht die zugrunde liegenden Ursachen", sagte Randolph.