Wien. Freigesetzte Sars-CoV-2-Viruspartikel sorgen für eine Ansteckung sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien. Im Außenbereich kommt den UV-Strahlen der Sonne eine bedeutende Rolle zu. Sie schädigen Viren und minimieren damit deren Aufkommen in der Luft. Welches Potenzial UV-Strahlung zur Inaktivierung der Erreger hat, hat nun ein internationales Forscherteam um den Biophysiker Alois Schmalwieser von der Veterinärmedizinischen Universität Wien erhoben. Das Ausmaß hänge vom Standort und der Jahreszeit ab. Der Winter bereitet dem Erreger demnach im Freien gute Überlebenschancen, berichten die Wissenschafter im Fachblatt "Photochemistry and Photobiology".
Dass die natürliche ultraviolette Strahlung der Sonne (Solar ultraviolet radiation; UVR) Viren grundsätzlich unschädlich machen kann, ist hinlänglich bekannt. Ihre Wirksamkeit hängt dabei in erster Linie von der Empfindlichkeit des jeweiligen Virus gegenüber der Strahlung sowie von der Menge der einfallenden UVR ab. Die Ergebnisse der Studie legen nun nahe, dass die UV-Strahlung der Sonne in den wärmeren bis warmen Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst der wichtigste natürliche Begrenzungsfaktor für das Überleben des Virus im Freien ist.
Innerhalb kürzester Zeit werden mehr als 90 Prozent der Erreger - in Kombination mit anderen natürlichen Faktoren wie Oberflächentyp, Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit - inaktiviert, schreiben die Forscher in einer Aussendung der Universität. Sie haben für ihre Auswertungen Satellitendaten zur DNA-schädigenden UVR mit verfügbaren Information zum Einfluss von Stärke der Strahlung auf die Inaktivierung von Coronaviren kombiniert.
Demnach überlebt etwa im subtropischen Sao Paulo (Brasilien) ganzjährig im Freien pro Tag nur ein Zehntausendstel aller Coronaviren, während in Reykjavik (Island) ein solch starker Einfluss nur im Juni und Juli festzustellen ist. Im Sommer schaffe es die UV-Strahlung selbst im hohen Norden innerhalb von 30 bis 100 Minuten, insgesamt 90 Prozent der Viren zu inaktivieren und innerhalb eines Tages sogar komplett abzutöten.
Bis zu einem Tag infektiös
Nur geringfügige Auswirkungen habe die Strahlung hingegen auf den direkten Virustransfer von Person zu Person, da dies innerhalb weniger Minuten geschehen kann. "Unsere Schätzungen zeigen jedoch, dass Viren, die in der Luft bleiben oder an Oberflächen haften, eindeutig durch solare Strahlung beeinflusst werden", erklärt Schmalwieser von der Abteilung für Physiologie und Biophysik der Vetmeduni.
Neben dem geografischen Breitengrad und dem atmosphärisches Ozongehalt haben auch andere Faktoren wie die Topografie oder trübe Tage mit Nebel und Wolken, wie sie vor allem in den kalten Monaten üblich sind, einen wichtigen Einfluss auf die Verteilung der Strahlung und damit in Folge auf das Überleben der Viren. Aufgrund der Daten für Dezember 2019 würde im letzten Monat des Jahres die tägliche Sonneneinstrahlung nicht ausreichen, um eine Sterilisation auf dem gesamten europäischen Kontinent zu erreichen.
Dies führe den Forschern zufolge zu Überlebensbedingungen im Freien, die ausreichen, dass das Coronavirus mehrere Stunden oder sogar über einen ganzen Tag hinweg infektiös bleibt. Mitte April hatte sich die Situation dagegen völlig anders gestaltet. Damals, nach dem ersten Höhepunkt der Pandemie-Welle, war die Wirkung der UV-Strahlung sehr hoch.
Im Schatten ist sie generell geringer und damit die Überlebensfähigkeit der Viren auch deutlich höher. Glasfenster wiederum blockieren den größten Teil der solaren UV-B-Strahlung, wodurch die abtötende Wirksamkeit des Sonnenlichts weiter abnimmt.