Österreich öffnet im Kampf gegen die Pandemie ein neues Kapitel: In zwei Wochen beginnen erste Corona-Massentestungen. Am Wochenende vom 5. und 6. Dezember und somit zum Ende des harten Lockdowns können sich alle 200.000 Lehrerinnen und Lehrer sowie Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen in Österreich testen lassen. Am Montag und Dienstag folgen dann 40.000 Polizistinnen und Polizisten. Kurz vor Weihnachten ist eine breit angelegte Testreihe für die gesamte Bevölkerung geplant. Die Teilnahme an all diesen Tests ist freiwillig.

Was sich die Regierung von Massentests erwartet

Die Bundesregierung will mit den Massentests schneller aktive Sars-CoV-2-Infektionen lokalisieren, wodurch man sich eine "effizientere Durchbrechung der Infektionsketten und eine Perspektive für ein gesichertes Wiederhochfahren" nach dem Lockdown erwartet. "Mit den Massentests eröffnen wir im Kampf gegen die Pandemie ein neues Kapitel und wollen damit den Menschen ein Weihnachtsfest im engen Familienkreis ermöglichen", wird Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Aussendung zitiert. Er betont erneut, dass die Teilnahme freiwillig sei, sagt aber auch: "Einige Minuten für einen Test können einige Wochen Lockdown des ganzen Landes verhindern. Deshalb bitten wir schon jetzt die gesamte Bevölkerung, dieses bundesweite Projekt zu unterstützen und sich daran zu beteiligen." 

Gesundheitsminister Rudolf Anschober sieht in Tests einen wichtigen Bestandteil in einem Bündel von Maßnahmen: "Damit Testungen epidemiologisch sinnvoll sind, müssen diese mehrmals wiederholt werden." Das sei auch geplant. Da man mit den Antigenschnelltests hoch ansteckende Personen frühzeitig identifizieren könne, könnten intensive Testungen, Screenings und Massentestungen "ein probates Mittel zur Pandemiebekämpfung sein". Sie seien aber kein  Ersatz, sondern als zusätzliche Maßnahme zu Abstand, Mund-Nasenschutz und Hygieneregeln, betont Anschober in der Aussendung. 

Start vor Wiedereröffnung der Schulen

Für die Abnahme der freiwilligen Tests beim Lehr- und Kindergartenpersonal am Wochenende des 5. und 6. Dezember sind rund 100 Teststationen in allen Bezirkshauptstädten geplant. Für große Flächenbezirke sind zusätzliche Teststationen möglich. Die Information über den genauen Zeitpunkt und den Ablauf der Testung erfolgt an die Betroffenen werden vom Bildungsministerium über die Landesbildungsdirektionen sowie Bezirksschulbehörden koordiniert. Eine zweite Testung soll in Woche darauf erfolgen. Die Regierung rechnet mit rund 200.000 Personen dieser Zielgruppe, die in ganz Österreich freiwillig teilnehmen werden. 

Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger steht freiwilligen Massentests für Pädagogen am Wochenende vor der geplanten Schulöffnung offen gegenüber. "Grundsätzlich halte ich das Angebot, sich freiwillig testen zu lassen für positiv", so der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der GÖD zur APA. "Das gibt mehr Sicherheit." Allerdings müsse man in der kommenden Woche noch Gespräche führen, wie die Organisation und Logistik ablaufen solle. "Da ist ja noch alles weitgehend offen."

In einem zweiten Schritt werden am 7. und 8. Dezember alle rund 40.000 Polizistinnen und Polizisten getestet. Die Organisation dieser Testungen erfolgt über die Landespolizeidirektionen.

Test vor Massentest weiterer Bevölkerungsteile

Zur Vorbereitung der Massentests werden bereits in der ersten Dezemberwoche in ausgewählten Gemeinden mit hohen Inzidenzwerten Gratis-Testungen an der Bevölkerung durchgeführt. Aufbauend auf den Erfahrungen der ersten Testreihen Anfang Dezember, erfolgt in der Woche vor Weihnachten ein österreichweiter Massentest in allen Gemeinden. Zudem soll zu Beginn des Neuen Jahr ein zweiter Massentest im ganzen Land durchgeführt werden.

Die Vorbereitungen dazu laufen bereits parallel zu den Vorkehrungen der Pilottests bei den Pädagogen und der Polizei Anfang Dezember "auf Hochtouren", heißt es von Seiten des Bundeskanzleramts dazu. Man binde Gemeinden und Länder ein. Dazu hab bereits ein Gespräch mit Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl stattgefunden, es werde weitere vertiefende Gespräche mit den Ländern geben.

Bundesheer ist für die Logistik verantwortlich

Das Verteidigungsressort bereitet die logistische und organisatorische Abwicklung der Tests vor. Insgesamt werde das Bundesheer mit mehreren tausend Soldaten die Abwicklung der Massentests unterstützen, Sanitäter des Heeres werden auch die Testungen direkt unterstützen.

Neben dem Bundesheer werden zur Durchführung der bundeweiten Tests die Gesundheitsbehörden, Blaulichtorganisationen, Feuerwehren sowie freiwillige Helfer im Einsatz sein. Die Probenentnahmen werden ausschließlich von geschultem Gesundheitspersonal durchgeführt. Dazu werden die Gesundheitsbehörden gemeinsam mit dem Bundesheer und den Rettungsorganisationen entsprechende Mitarbeiter bereitstellen und zusätzliches Personal schulen. Das Ergebnis bei Antigentests liegt nach rund 15 Minuten vor.

Sieben Millionen Antigen-Schnelltests

Zur Anwendung kommen Antigen-Schnelltests der Firmen Roche und Siemens. Beide Tests werden derzeit laut Informationen des Bundeskanzleramts von wissenschaftlicher Seite etwa der Med-Uni-Wien und der Ages als die verlässlichsten auf dem Markt verfügbaren Tests bewertet. Insgesamt stehen zum Start der Testreihen vorerst siebn Millionen Tests zur Verfügung. Kostenpunkt sind rund 50 Millionen Euro. Weitere Bestellungen von Kontingenten befinden sich in Vorbereitung, heißt es von Seiten der Regierung.

Positive Reaktion von der Industrie

Die Industriellenvereinigung begrüßt das Vorhaben der Regierung und appelliert, an den Testungen teilzunehmen: "Wir alle haben es jetzt gemeinsam in der Hand, harte Maßnahmen gegen die Corona-Ausbreitung in Zukunft zu verhindern und wieder zu einer Form der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Normalität zurückzukehren", betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, in einer Aussendung. Insgesamt müsse es nun darum gehen, eine umfassende Corona-Strategie zu entwickeln, um den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schaden für Österreich möglichst gering zu halten und weitere Lockdowns zu verhindern. Dafür müsse man auch digitale Möglichkeiten wie die Stopp-Corona-App stärker nutzen sowie das Tracing deutlich verbessern, um Infektionsketten künftig frühzeitig erkennen und unterbrechen zu können. "Wir müssen lernen, mit Corona umzugehen", mein Knill. Zudem empfiehlt die Industrie, dass eine Verkürzung der Quarantänezeiten für symptomfreie Kontaktpersonen oder "Freitestungen" gerade für Schlüsselpersonal möglich sein sollte. (apa, red)