Kinder stehen im Zentrum einer heftigen Debatte. Sollen sie in die Schule, in den Kindergarten? Sind sie Treiber der Pandemie oder spielen sie eine unbedeutende Rolle? Während Politik und Forschung über Kinderköpfe hinweg streiten, kommt die nächste Generation kaum zu Wort. Was macht die Pandemie, was der Lockdown mit unseren Kindern? Wie gehen sie mit der Krise um? Wie geht es ihnen mit dem Homeschooling?
Wir haben uns umgehört, angesichts der Kontaktbeschränkungen hauptsächlich bei eigenen Kindern, Nichten, Neffen und Nachbarskindern. Zurückgekommen sind Zitate, kleine Interviews und Zeichnungen. Zurückgekommen ist auch: Je jünger, desto besser geht es durch die Krise. Die Wasserscheide ist irgendwo in der Volksschule, wenn die prägenden Bezugspersonen nach und nach nicht mehr die aktuell ständig präsenten Eltern sind, sondern der schmerzlich vermisste Freundeskreis.
Marie, 8, Volksschule OÖ, Bezirk Freistadt
"Wir gehen jetzt jeden Tag spazieren, weil turnen geht leider nimma. Ist verboten. Beim Spazieren tun mir aber immer gleich die Füße weh."
Lara, 11, NMS, 1220 Wien
"Naja, Homeschooling ist beides: Irgendwie cool, dass man zu Hause sein kann, irgendwie aber auch nicht, weil man schon eingesperrt ist. Draußen ist es jetzt kalt und man kann seine Freundinnen nicht sehen. Nach dem ersten Lockdown war die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt, da habe ich meine beste Freundin monatelang nicht getroffen. Aber jetzt habe ich gerade über Discord (Video-Call) mit ihr geredet, das geht schon irgendwie. Jetzt kennen wir uns überhaupt mit der Technik viel besser aus. Wir müssen die Aufgaben in den Fächern, die wir morgen wieder haben, bis 15 Uhr abgeben, sonst ist mehr Zeit. Das klingt kompliziert, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, dann geht das schon. Was nervt ist, dass man ins Edu (Schulplattform) nur teilweise reinkommt, weil die ganze Schule das wieder gleichzeitig nutzt und man urlange warten muss, bis das Raufladen klappt. Wir sollen jetzt immer um 8:15 mit der ganzen Klasse kurz online sein, damit die Lehrerin weiß, dass man arbeitet. Weil beim letzten Mal ist einer immer urspät schlafen gegangen, der ist fast auf seinem Platz eingeschlafen und hat ewig gebraucht bis er wieder im normalen Rhythmus war. Das Coronavirus nervt schon, aber es geht schon irgendwie."

Jona, 7, Volksschule,1120 Wien
"Hände desinfizieren mag ich überhaupt nicht, weil das Mittel so stinkt. Ich weiß aber, dass es wichtig ist. Ich habe fünf oder sechs verschiedene Masken, es ärgert mich die zu tragen, weil ich nicht so viel Luft bekomme, aber wir müssen sie tragen, damit wir uns nicht gegenseitig anstecken. Es macht mich traurig, dass ich nicht mehr ins Fußballtraining gehen darf. In der Schule habe ich gelernt, dass sich der Virus im Winter schneller verbreitet. Zuhause lernen finde ich nicht so gut. Meine Freunde fehlen mir sehr! Ich hoffe, dass bald alles wieder so ist wie früher!"

Merlin, 16, HTL, 1050 Wien
"Die Pandemie wird mit der Generation nichts machen, glaube ich – solange sie nicht länger als ein Jahr lang dauert. Im Vergleich zum restlichen Leben ist das so kurz. Ich hatte und habe in dieser Zeit auch genauso viele soziale Kontakte, wenn auch nur digital während der Lockdowns. Dazwischen konnte ich meine Freunde ohnehin auch sehen. Im Fernunterricht im Frühling habe ich vielleicht schon ein bisschen weniger gelernt als sonst. Bei der Matura wird mir das aber nicht mehr fehlen, glaube ich."
Sophie, 10, Oberösterreich, Bezirk Freistadt
"Daheim, ohne Maske, ist super! In der Schule müssen wir die die ganze Zeit aufhaben. Da sind ganz viele oft aufs Klo und haben sie runtergenommen. Weil das geht den ganzen Tag durch, in der Pause auch. Mir war auch oft schwindlig."
Olivia, 9, Volksschule, Niederösterreich
Olivia hat schon der erste Lockdown etwas aus der Bahn geworfen. Immerhin ging es um die Fragen: Schaffe ich als Legasthenikerin den Sprung ins Gymnasium oder nicht? Eins war schnell klar: Der Kampf um die Gymnasiumsreife war mit wochenlangem Homeschooling im Frühjahr und Herbst nicht zu gewinnen. Olivias freiwillige Wiederholung der dritten Klasse war daher eine direkte Folge von Corona - ohne das Virus wäre sie jetzt schon in der vierten. "Der Lockdown ist echt blöd. Ich würde die Aufgaben lieber in der Schule machen", sagt sie und klopft mit dem Bleistift auf den Tisch. Außerdem vermisst sie ihre Freunde. Auf der anderen Seite ist es schön, mehr Zeit mit den Eltern zu verbringen. Auch wenn sie manchmal "Meckerona" haben.

Olivia, 9, Volksschule, Niederösterreich: "Es ist schön, mehr Zeit mit den Eltern zu verbringen. Auch wenn sie manchmal ,Meckerona' haben."
Severin, 5, Oberösterreich
"Ich kann nicht zum Opa. Ich schlaf immer bei ihm, da schlaft er viel besser. Wenn er nicht schlaft, bin ich traurig."
Patrick, 15, HTL,1220 Wien
"Homeschooling ist keine große Sache. Was angenehm ist, dass wir jetzt keine Tests haben. Ich bin da relativ entspannt. Man hat insgesamt mehr Zeit. Das kann natürlich ein Nachteil sein, dass ich in manchen Fächern weniger lerne und es dann das nächste Jahr schwieriger werden könnte. Man kann halt die Freunde nicht treffen, aber wir spielen halt auch wie sonst viel online gemeinsam. Beim ersten Mal gab es auch etwas Stress in der Familie, gerade mit meiner Schwester. Das geht jetzt besser. Jetzt macht eben unter Tags jeder sein Ding. Wegen Corona mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Ich habe nur Angst, falls ich es kriege, dass Lungenschäden bleiben könnten. Aber: Jüngere Leute merken ja oft nicht viel."

Hannah, 13, Gymnasium, 1070 Wien
"Es ist wie wenn mir ein Stück Kindheit genommen würde. Das Schrecklichste ist, dass ich mich nicht mit meinen Freunden treffen kann. Ich würde viel lieber in die Schule gehen, aber, wenn ich jetzt in der Klasse auch noch eine Maske tragen muss, dann kann ich nicht mehr. Dann hab ich das Gefühl, dass ich keine Luft mehr kriege. Ich bin dann nur in meinem Raum und habe keinen Kontakt zu den anderen. Ich vermisse so unseren Sommer-Urlaub, und wenn der Winter-Urlaub jetzt auch nicht stattfindet, dann wird das das schlimmste Jahr in meinem Leben. Corona ist das Schlimmste, was mir je in meinem Leben passiert ist."
Zoe, 15, Gymnasium, 1010 Wien
Diese Pandemie wird das Arbeits- und Sozialleben meiner Generation komplett verändern. Aber wir sind anpassungsfähig und werden uns nicht durch die scheinbar unüberwindbaren Umstände kleinkriegen lassen. Wir gehen es mit Humor an und suchen andere Wege, um uns zu erhalten und glücklich zu sein. Ich kenne aber trotz dieses Humors niemanden, der sich unverantwortlich verhält und sich mit Leuten trifft. Nicht jetzt und auch nicht im Frühling. Ich bin auch der Meinung, dass wir als Gesellschaft solidarischer und dankbarer werden sollten.
Elias, 9, Volksschule, 1070 Wien
"Das Maskentragen ist anstrengend, im Frühling war es schlimm wegen der Pollen, da habe ich schlecht Luft gekriegt. Jetzt ist es nicht mehr so arg, weil ich mich daran gewöhnt habe. Das Homeschooling war am Anfang schwer, ich konnte mich zuhause schlecht konzentrieren so alleine, meine kleine Schwester hat mich dauernd abgelenkt. Da habe ich schon weniger gemacht als in der Schule. Aber das ist jetzt besser, weil sie auch in die Schule gekommen ist. Jetzt lernen wir zusammen und ich kann ihr helfen. Mit meinen Freunden habe ich viel Video-Telefoniert, das war lustig. Was mich traurig macht: Das Gymnasium in das ich nächstes Jahr gehen werde, habe ich nie von innen gesehen. Aber ich verstehe, dass wir das alles machen, damit wir anderen Menschen helfen, nicht so schwer krank zu werden."

Niki, 5, Kindergarten, 1220 Wien
"Das mit dem Coronavirus ist nicht so gut, weil man nicht so oft rausgehen kann wie früher. Ich kann im Kindergarten auch nicht mehr mit den Kindern aus den anderen Gruppen spielen. Aber es ist im Kindergarten auch besser als früher, weil wir mehr Spielzeug bekommen haben. Angst vor dem Coronavirus habe ich aber keine, nur ein bisschen vielleicht."

Niki, 5, Kindergarten, 1220 Wien: "Angst vor dem Coronavirus habe ich aber keine, nur ein bisschen vielleicht."
Janos, 10, Gymnasium, 1080 Wien
Also für die Kinder ist es nicht nur schlecht. Für die Erwachsenen schon. Homeschooling finde ich gut. Da kann ich sehr viel mit dem Computer machen. Das mag ich. Es ist auch gut, dass wir nicht in die Schule müssen und Aufgaben selbst einteilen können. Ich glaube, viele Kinder freuen sich auch. Die Erwachsenen ärgern sich halt. Das verstehe ich. Mundschutz, Abstand halten, niemand treffen können, Ausgangssperre ist echt nicht gut. Da kann ich gar keine Freunde treffen. Beim ersten Lockdown hab ich mehr Angst gehabt. Da war ich noch in der Volksschule und hab geglaubt, dass das Virus durch die Luft fliegt. Und da hab ich Sorge um meine Oma und meinen Papa gehabt. Aber jetzt sehe ich, dass die sehr gut aufpassen. Und irgendwann ist hoffentlich alles wieder vorbei.

Gabriel, 3, Kindergarten, 1120 Wien
Weißt du, was ein Lockdown ist?
Ja, nein. Ja! Wir müssen zu Hause bleiben.
Hm, und wie geht es dir so zu Hause?
Mir gehts gut! Ich habe keinen Husten mehr.
Was gefällt dir denn zu Hause, was ist schön?
Fangen spielen, und verstecken spielen, und Lego spielen, und mit Mama kuscheln, und Besuch haben
Wir können im Moment leider keinen Besuch haben.
Ach, schade!
Und was gefällt dir nicht so gut zu Hause?
Brav sein!
Warum denn?
Das ist mir zu langweilig.
Weißt du, was Corona ist?
Ja, da muss ich in meine Armbeuge husten. So: (hustet in seine Armbeuge). Damit ich meine Freunde nicht krank mache.
Wer hat dir denn gesagt, dass du deine Freunde krank machst?!
Im Kindergarten hat das die Claudia gesagt. Mama, hatten Dinosaurier auch Corona?
Ich weiß es nicht, ich glaube nicht. Sie sind ja schon ausgestorben und Corona ist relativ neu.
Achso.

Aeneas, 7, und Flora, 6, Volksschule/Kindergarten, Burgenland
"Manchmal bin ich wütend und mir ist fad. Wir haben wenig Aufgaben, wir müssen grüne Kasterl, rote Striche und schwarze Punkte zählen, das ist lächerlich. Im Homeschooling kommt ja nichts Neues dazu, weil es uns die Lehrerin nicht so gut erklären kann. Auch dass ich alleine lernen muss, ist blöd. Mama und Papa helfen uns und machen viel mit uns, wenn sie nicht arbeiten müssen. Manchmal ist es fast so wie immer, dann aber doch wieder anders. Auch dass der Sport ausfällt, ist blöd: Fußball, Tennis, bald vielleicht Skifahren und Eislaufen wirds ja jetzt nicht geben. Beim Fußball schickt uns immerhin der Trainer Videos, die wir dann mit dem Ball nachmachen sollen. Das ist schon lustig, und immerhin sind wir zu Zweit und können das gemeinsam machen. Das ist schon besser als für Kinder, die ganz alleine sind."
