Die Corona-Lage in Deutschland hat sich nach Einschätzung des staatlichen Robert Koch-Instituts (RKI) seit vergangener Woche verschlechtert und könnte schnell kippen. Nachdem die Fallzahlen seit Wochen auf einem hohen Plateau gelegen hätten, sehe man aktuell wieder einen Anstieg, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag in Berlin. Das sei besorgniserregend. "Immer noch infizieren sich zu viele Menschen mit SARS-CoV-2."
Die Fallzahlen könnten rasch wieder exponentiell ansteigen, dafür reichten wenige zusätzliche Fälle aus. "Das müssen wir verhindern", betonte Wieler. Die Kontakte in der Bevölkerung seien noch nicht ausreichend reduziert worden. Die Gesundheitsämter seien zunehmend erschöpft, in einigen Regionen hätten Krankenhäuser ihre Belastungsgrenze erreicht. "Wir sehen immer mehr Ausbrüche in Alten-und Pflegeheimen", sagte er. Und auch die Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle nehme zu. Das Virus zirkuliert den Angaben nach zunehmend in Risikogruppen. Mehr als 13.000 der insgesamt 20.372 Toten nach Corona-Infektionen in Deutschland seien 80 Jahre und älter.
Mit Blick auf die Feiertage nannte Wieler die USA und die dortigen Thanksgiving-Familienfeiern im November als abschreckendes Beispiel. Danach habe man einen Anstieg der Corona-Infektionen in den USA registriert. Wieler verwies auf die positiven Beispiele in Irland und Belgien mit einem harten Lockdown. Gut wären zusätzliche Maßnahmen in vielen Bereichen, fügte er mit Blick auf die Debatte hinzu, ob mehr Schüler zuhause unterrichtet werden sollten. Es zeige sich, dass man sich überall anstecken könne, warnte Wieler.
Innerhalb Deutschlands sieht das RKI große Unterschiede: In manchen Regionen gelinge es offenbar besser als in anderen, Infektionen zu verhindern. "Das zeigt, dass Infektionsschutzmaßnahmen wirken, wenn sie effektiv umgesetzt werden", sagte Wieler. Die Leiterin des RKI-Lagezentrums, Ute Rexroth, ergänzte, besonders besorgniserregend sei die Lage in Thüringen und Sachsen.Hier das komplette #RKI Pressebriefing zur #COVID19 Lage von heute, 10.12. @tagesschauhttps://t.co/etQ5koBxdH
Robert Koch-Institut (@rki_de) December 10, 2020
Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Corona-Neuinfektionen hatte bis Donnerstagfrüh einen Höchststand erreicht: Die Gesundheitsämter übermittelten dem RKI 23.679 Neuinfektionen. Der bisherige Rekordwert war am 20. November mit 23.648 gemeldeten Fällen erreicht worden. Bereits im Lagebericht vom Mittwoch schrieb das RKI, seit dem 4. Dezember sei ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu beobachten. (apa, dpa, reuters)