Österreichs Arbeitnehmer waren im vergangenen Jahr mit 13,3 Kalendertagen im Durchschnitt etwas länger im Krankenstand als noch im Jahr 2018 mit 13,1 Tagen. Vor allem Kurzkrankenstände sind häufig: Nach dem Fehlzeitenreport des Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Thomas Leoni, der der "Wiener Zeitung" vorliegt, dauerten im Vorjahr 42 Prozent der Krankenstände weniger als vier Tage. Insgesamt machen diese aber nur 8,8 Prozent aller Fehlzeiten aus.
Gründe für heurigen Rückgang
Für das heurige Jahr werden allerdings wegen der Corona-Epidemie signifikante Abweichungen bei den Krankenständen erwartet. Der Lockdown ab Mitte März und die Corona-Auswirkungen haben den Zugang in den Krankenstand stark gebremst. Die Zahl der Neuzugänge in den Krankenstand lag im April 2020 fast zwei Drittel unter demVorjahrsniveau, im Mai waren es 55 Prozent weniger. Im heurigen Sommer waren es immer noch ein Fünftel bis ein Viertel weniger, hält Wifo-Experte Leoni in dem Fehlzeitenreport fest.
Verschiedene Ursachen für den Rückgang könnten vermutet werden, wird im den Bericht analysiert: Ein Faktor könne Kurzarbeit und Homeoffice sein, weshalb Beschäftigte keinen Grund hätten, sich krankschreiben zu lassen. Krankenstände könnten auch durch Quarantäne wegen Corona-Fällen überlagert werden und damit nicht offiziell ausgewiesen werden. Auch Einschränkungen im Gesundheitsbetrieb, wie das Verschieben nicht notwendiger medizinischer Eingriffe würden sich dämpfend auswirken.
Im Fehlzeitreport wird zwar ein leichter Anstieg der Krankenstandstage im Vorjahr gegenüber 2018 ausgewiesen. Langfristig betrachtet sieht die Entwicklung aber anders aus. So wird im Wifo-Report betont, dass Krankenstände im Jahr 1980 im Schnitt noch 17,4 Tage gedauert haben. 1990 waren es 15,2 Tage, im Jahr 2000 schließlich im Schnitt 14,4 Krankenstandstage.
Langfristig haben laut Fehlzeitenreport vor allem Krankstände wegen psychischer Erkrankungen deutlich zugenommen. Von 2016 bis 2018 sei deren Anteil annähernd konstant gewesen, 2019 sei jedoch ein Anstieg um zehn Prozent zu verzeichnen gewesen, zeigtedie Analyse der Daten.
Kürzeste Dauer wieder in Salzburg
Bemerkenswert sind auch regionale Unterschiede. Salzburg ist seit Jahren das Bundesland mit den niedrigsten Fehlzeiten im Beruf. 2019 waren dort Beschäftigte im Schnitt 11,2 Tage krank. In Niederösterreich verzeichnete hingegen die im Vorjahr noch bestehende Gebietskankenkasse, die heuer in der Österreichischen Gesundheitskasse aufgegangen ist, mit im Schnitt 14,8 Krankenstandstagen die längste Dauer. Dahinter folgten Oberösterreich und die Steiermark mit durchschnittlich 13,7 Krankenstandstagen.
Der Obmann der Gesundheitskasse (ÖGK) und oberste Arbeitnehmervertreter, Andreas Huss, strich hervor, dass heuer die Krankenstände zurückgingen, obwohl die Corona-Pandemie durch die telefonische Krankmeldung einen erleichterten Zugang gebracht habe. "Das bedeutet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Betrieben gehen höchst verantwortungsvoll mit dieser Möglichkeit um. Zudem haben viele Arbeitnehmer Angst vor Jobverlust durch Krankheit", betonte er.
Der Obmann der Sicherungsanstalt für Gewerbetreibende und Bauern und Co-Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner, meinte zur Statistik: "13,3 Krankenstandstage sind zuviel." Man müsse gemeinsam Lösungen finden, dass Arbeitnehmer gesünder werden und weniger in den Krankenstand gingen. Denn Deutschland verzeichne nur 10,9 Krankenstandstage, die Schweiz nur 7,2 Tage.