Wie so oft bei der Bewältigung der Pandemie muss es schnell gehen. Die Epidemie- und Gesundheitsregeln werden einmal mehr kurzfristig neu geregelt. Grund dafür ist ein türkis-grüner Abänderungsantrag, der am Montag im parlamentarischen Gesundheitsausschuss eingebracht wurde. Am Mittwoch wird darüber im Plenum des Nationalrats abgestimmt
Beschlossen wird, dass Impfungen künftig verpflichtend in den neuen, elektronischen Impfpass ein- und nachgetragen werden müssen. Hingegen gibt es noch kein grünes Licht dafür, dass Personen nach Corona-Impfungen einen privilegierten Zugang etwa zu Friseuren oder Kulturaktivitäten erhalten.
Allerdings wird dazu eine Arbeitsgruppe mit den Bundesländern und Sozialversicherungen eingerichtet, wurde der "Wiener Zeitung" im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärt. Grund für das Zuwarten ist, dass eine Virusübertragung von Geimpften auf andere Personen vorerst nicht endgültig ausgeschlossen werden kann.
"Grüner Imfpass" als Türöffner
In Israel, das bei der Zahl der Impfungen international Vorreiter ist, gibt es bereits einen sogenannten "grünen Impfpass". Dieser dient geimpften Menschen praktisch als Türöffner für bestimmte Aktivitäten. Mit der Neuregelung des Gesundheitstelematikgesetzes und des Epidemiegesetzes, die am 1. März in Kraft treten soll, werden derartige Erleichterungen in Österreich noch nicht verwirklicht.
"Es ist noch nicht klar, ob die Corona-Schutzimpfungen auch vor Übertragungen schützen. Diese Frage muss von der Wissenschaft geklärt werden, um dann das weitere Vorgehen danach auszurichten. Wir befinden uns hier im internationalen und europäischen Austausch", wird im Gesundheitsministerium erläutert. Ähnlich wie bei der Corona-Impfung setzt Anschober dabei auf ein möglichst einheitliches Vorgehen auf EU-Ebene: "Ziel ist ein europaweites gemeinsames Vorgehen auf Basis von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen."
Sofortige Erleichterungen werden auch aus einem zweiten Grund nicht als besonders vorrangig angesehen. Bisher sind seit dem 27. Dezember in Österreich rund 508.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden, davon knapp 200.000 bereits mit zwei Impfdosen. Dabei handelt es sich aber meist um Bewohner von Pflegeheimen und Gesundheitsbedienstete, nicht aber die breite Masse der Bevölkerung.
Konkret bedeutet das für die Bevölkerung in Österreich, dass damit eine Corona-Impfung noch kein Ersatz für einen Corona-Tests vor einem Friseurbesuch ist. Das wird auch im Gesundheitsministerium bestätigt. Zutritt haben auch Personen, deren Corona-Infektion nicht länger als sechs Monate zurückliegt.
Eintragung hilft bei Kontaktverfolgung
Pläne für einen privilegierten Zutritt für bereits geimpfte Menschen gibt es aber auch in Österreich. Deswegen wurde auch bereits eine eigene Arbeitsgruppe vereinbart. Diese setzt sich aus Vertretern des Gesundheitsministeriums, der Sozialversicherung und der Bundesländer zusammen. Sie soll vor allem die Ausgestaltung des Arbeitsprozesses nach der verpflichtenden Eintragung aller Impfungen in den elektronischen Impfpass beraten.
Mit der verpflichtenden Eintragung von Impfungen, auch gegen das Coronavirus, wird eine Forderung des Chefs der Sozialversicherungen und Obmanns der Sozialversicherungsanstalt für Gewerbetreibende und Bauern, Peter Lehner, erfüllt. Dieser hat bereits den Druck auf den Gesundheitsminister erhöht, weil durch die Eintragung rasch erfassbar ist, wer in welchen Regionen und Bevölkerungsgruppen bereits geimpft ist. Mit der Gesetzesänderung wird den Gesundheitsanbietern, also beispielsweise Ärzten, vorgeschrieben, dass ab 1. März Corona-Impfungen in den elektronischen Impfpass eingegeben beziehungsweise nachgetragen werden müssen.
Die für die elektronische Gesundheitsakte, kurz, Elga, zuständige Gesellschaft, wird mit der Gesetzesänderung verpflichtet, die in den elektronischen Impfpass eingespeicherten Daten in pseudonymisierter Form täglich an das Gesundheitsministerium zu übermitteln. Damit steht der Pass in Form eines Impfregisters den Gesundheitsbehörden zur Verfügung und kann damit vor allem bei der Nachverfolgung von Kontaktpersonen im Zuge des Corona-Krisenmanagements genützt werden.
Konkret bedeutet dies, dass die regionalen Gesundheitsbehörden in den Bundesländern bei Kontaktpersonen von Neuinfizierten sehen, ob jemand bereits geimpft ist oder nicht. Gleiches gilt auch für den Fall, dass jemand bereits zuvor eine Corona-Infektion hatte. Sowohl für Impfungen als auch frühere Infektionen ist mit der Gesetzesänderung entweder ein Impfnachweis oder eine Art "Genesungsbestätigung" vorgesehen, wie es in der Begründung des Antrags heißt. Beides soll die Nachverfolgung mittels Kontaktnachverfolgung erleichtern. Bezirksverwaltungsbehörden beziehungsweise ein Geimpfter (mittels Amtssignatur) sollen künftig einen solchen Nachweis auch ausdrucken können.
Neos haben Bedenken
Für den grünen Gesundheitssprecher sind mit der Änderung zwei Vorteile verbunden. Familien sollen den Impfnachweis künftig nützen können, damit sich etwa ein Schulkind den derzeit notwendigen Corona-Selbsttests zweimal pro Woche vor dem Unterricht in der Klasse erspart. Außerdem entfallen mit dem Gratis-Impfnachweis bisherige Kosten für eine Bestätigung weg.
Beträchtliches Bauchweh hat hingegen Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker mit dem Beschluss der Regelung am Mittwoch - konkret mit der Auslagerung der Elga-Daten an das Gesundheitsministerium und das für die Kontaktverfolgung genützte EMS-System der Behörden. Er macht vor allem datenschutzrechtliche Bedenken geltend. Im Elga-System müssten alle Zugriffe protokolliert werden, im EMS-System nicht. "Da können Hinz und Kunz auf die Daten zugreifen", formuliert er.
Einwände bringt auch die Elga GmbH in einer aktuellen Stellungnahme zum Ausdruck, die der "Wiener Zeitung" vorliegt. Demnach verstoße die mehrfache Haltung von Daten gegen den Grundsatz der Datenminimierung. Die Elga oder auch andere Anbieter dürften daher "bei einer gesetzlichen Regelung" gar keine Daten übermitteln, wird unter Bezug auf die Entscheidung der Datenschutzbehörde zur Kontaktnachverfolgung in Wien ausdrücklich festgehalten.
Insbesondere Impfnachweise sollten daher von der Primärquelle, das wäre Elga, "erzeugt" werden. Die Regelung über das EMS-System widerspreche auch der Elga-Struktur, dass alle Transaktionen protokolliert werden müssten. "Unbestimmte Gesetzesbegriffe" wie etwa Krisenmanagement würden Auslegungsprobleme hervorrufen. Eine Berufung darauf, dass dies technisch nicht anders lösbar sei, ist laut Elga GmbH unrichtig. Das Gesundheitsministerium betont hingegen, mit der Novelle würden strenge Datenschutzbestimmungen eingehalten.