"Unverständnis" äußerte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker am Mittwoch in einer Pressekonferenz darüber, dass der Covid-Impfstoff AstraZeneca nicht ohne Einschränkung verimpft wird. "Pre-Print"-Studien aus UK, Schottland und Irland hätten die gute Wirkung des Impfstoffes auch bei über 65-Jährigen untermauert, wie er betonte.

"Es gibt grundsätzlich keinen Grund, den Riegel vorzuhalten und auf die gedruckten Studien zu warten, daher werden wir AstraZeneca  in den nächsten Wochen, Monaten auch den über 65-Jährigen anbieten", sagte der ärztliche Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes, Michael Binder.

Mit dieser Entscheidung würde man sich nicht über das Impfgremium hinwegsetzen, versicherten Hacker und Binder: "Das nationale Impfgremium hat sehr weise entschieden, diese Studien abzuwarten, um eine generelle Empfehlung zu geben. Aber wenn eine logistische Behinderung bestehen sollte, ist er natürlich uneingeschränkt zu empfehlen, sagt das Gremium. Abgesehen davon ist der Impfstoff europaweit uneingeschränkt zugelassen. Und beide Faktoren zusammen erlauben uns den Impfstoff allen azubieten", so Binder.

"Vorgangsweise auf keinen Fall falsch"

Ursula Wiedermann-Schmidt, die wissenschaftliche Leiterin des Nationalen Impfgremiums, findet die Wiener Vorgangsweise "auf keinen Fall falsch". Der Impfstoff von AstraZeneca sei von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) grundsätzlich für Personen über 18 Jahren ohne Altersobergrenze zugelassen und funktioniere "sehr gut", wie sich nun auch bei den noch nicht abgeschlossenen Studien zur Wirkungsweise bei über 65-Jährigen zeige, die gerade finalisiert würden. "Und wir haben schon in unserer Empfehlung gesagt, dass bei logistischen Problemen in der Impfanwendung mit den mRNA-Impfstoffen nichts gegen eine Anwendung des Impfstoffes von AstraZeneca bei Menschen über 65 spricht", meinte die Wiener Immunologin.

Wenn es die logistische Lage erforderlich mache, sei es in jedem Fall besser, auf einen verfügbaren Impfstoff zurückzugreifen, "damit der Impfplan nicht aufgehalten oder unterbrochen wird". Das AstraZeneca-Vakzin sei erprobt und "in jedem Fall zu verwenden", betonte Wiedermann-Schmidt.

Ärztekammer erfreut

Erfreut über den Schritt der Stadt zeigte sich die Wiener Ärztekammer. Alle zugelassenen Impfstoffe hätten eine wissenschaftlich belegte hohe Wirksamkeit und "schützen vor schweren Krankheitsverläufen sowie vor Hospitalisierungen", versicherte Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres in einer Aussendung, "denn genau darum geht es jetzt im Kampf gegen die Pandemie: die Spitalskapazitäten so weit wie möglich zu entlasten und einen reibungslosen Ablauf unseres Gesundheitssystems zu gewährleisten."

Die übrigen Bundesländer planen derzeit offenbar nicht, der Wiener Linie zu folgen. Man wolle sich weiter an die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums und den Impfplan halten, hieß es etwa aus dem Büro von Burgenlands Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ). Auch die Kärntner Gesundheitslandesrätin Beate Prettner (SPÖ) erklärte, man wolle abwarten, bis das Impfgremium den AstraZeneca-Impfstoff auch für über 65-Jährige freigebe.

Bis Ende Juni 70 Prozent durchgeimpft

In der ersten Märzhälfte sollen jedenfalls in Wien für die im bestehenden Impfplan vorgesehenen Menschen 100.000 Impdosen verimpft werden, in der zweiten Märzhälfte weitere 100.000, kündigte Hacker an. Mit Ende März sollen dann 280.000 Dosen verimpft worden sein sowie auch 109.000 Zweitimpfungen. "Und ab April sind dann wöchentlich 100.000 vorgesehen", betonte Hacker.  Bis Ende Juni werden seinen Angaben zufolge 70 Prozent der Wiener Bevölkerung durchgeimpft sein - sofern die zugesagten Liefermengen halten.

Impfungen für Lehrer angelaufen

Unterdessen ist am Mittwoch in Wien die Corona-Impfung für Lehrer, Hort- und Kindergartenpädagogen angelaufen. In den kommenden drei Wochen werden im Austria Center Vienna (ACV) insgesamt rund 35.000 Menschen aus diesem Bereich ihren ersten Impfstich erhalten. Zum Auftakt war auch politische Prominenz an Ort und Stelle: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und der Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer.

Faßmann sprach von einem Zeichen der Wertschätzung, dass Elementarpädagoginnen und -pädagogen und Lehrkräfte als zweite Berufsgruppe nach dem Gesundheitspersonal geimpft werden. "Das ist ein erster Schritt, um aus der Situation, in der wir uns befinden, herauszukommen." Die Impfbereitschaft bei den Pädagogen sei sehr hoch, das sei ein gutes Zeichen.


Im Moment wird beim Impfen in Wien gemäß der Priorisierungsgruppen vorgegangen. Bisher wurden Bewohnerinnen und Bewohner bzw. das Personal von Alten- und Pflegewohnheimen, Gesundheitspersonal, Ärzte, Seniorinnen und Senioren über 80 Jahre, Personen der Hochrisikogruppe oder mit Behinderungen sowie Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen in hochexponierten Bereichen (zum Beispiel Covid-19-Labore) geimpft.

Mit heute startet nun die Immunisierung von Lehrerinnen und Lehrern aller Schultypen, Hortpädagoginnen und -pädagogen sowie dem Kindergartenpersonal. Inkludiert sind dabei alle Berufsgruppen, die in Schulen oder Kindergärten arbeiten - also zum Beispiel auch Verwaltungspersonal, Schulwarte oder Hausarbeiter.

Ein wichtiger Hinweis: Beim Impftermin muss an Ort und Stelle die Beschäftigung an einer Wiener Schule, einem Wiener Kindergarten oder einem Wiener Hort nachgewiesen werden. Dazu reicht eine formlose Bestätigung durch den Arbeitgeber.