Es wird also doch kein "Sommer wie damals", wie ihn die Bundesregierung vor einem Monat angekündigt hat. Eher ein Sommer wie im Vorjahr. Am Freitag wurde das Frequency Festival auf den letzten Metern abgesagt. Die Bezirksbehörde erteilte doch keine Genehmigung. Dabei waren bei der Pressekonferenz zur Öffnung Mitte Juni genau solche Veranstaltungen angesprochen worden. "Jetzt kann es die Festivals geben", sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grünen) damals. Und an die Jugend adressiert: "Jetzt seid’s ihr dran."

Gemeint war das anders, als es kam. Denn die Jugend ist es, die seither den Löwenanteil des Infektionsgeschehens trägt. Es ist auch die Gruppe, die am spätesten geimpft wurde. Mehr als die Hälfte aller gemeldeten Infektionen seit Ende Juni entfallen auf Personen unter 25 Jahre. Nimmt man junge Erwachsene unter 35 Jahren noch dazu, sind es 76 Prozent. Dieser Effekt ist nicht nur der Impfung geschuldet. Auch in bisherigen Wellen war es ähnlich, dass das Virus zuerst stark unter Jüngeren zirkulierte, ehe das Infektionsgeschehen auf ältere Gruppen überschwappte.

 

Gerade die Nachtgastronomie, und hier speziell Clubs und Diskotheken, waren deshalb im Sommer 2020 weitgehend geschlossen. Das müssen sie immerhin heuer nicht, wie die Krisensitzung der Regierung am Donnerstag ergab. Anders als in den Niederlanden bleiben die Clubs vorerst offen, allerdings dürfen sie nur von Geimpften und Personen mit negativem PCR-Testergebnis betreten werden. Mückstein wollte ursprünglich sogar eine 1-G-Regel für diese epidemiologisch heiklen Örtlichkeiten. Dabei hatte der Gesundheitsminister bei der Pressekonferenz vor einem Monat noch gesagt: "Für die Nachtgastronomie kann ich mir keine Voraussetzung der Impfung vorstellen." Auch das ist nicht gut gealtert.

Doch Delta hat die Regierenden kalt erwischt, nicht nur hierzulande. Ein Anstieg der Fallzahlen war zwar erwartet worden, aber eher wie im Vorjahr, als das Infektionsgeschehen zwar stetig, aber langsam anstieg, ehe es im Herbst dann in die zweite Welle kippte. Bis dahin wollte man heuer 70 Prozent oder mehr vollimmunisieren. Das sollte reichen.

Erhebliche Sommerwelle zu erwarten

Die Delta-Variante dürfte aber so infektiös sein, dass es trotz bereits fortgeschrittenen Impfungen zu einer erheblichen Sommerwelle kommen dürfte. Jede Woche verdoppeln sich derzeit die Fallzahlen. Dieser explosive Anstieg war zwar ab Mitte Juni bereits in Großbritannien zu beobachten gewesen, doch dort hatte sich auch die Alpha-Variante (B.1.1.7.) viel schneller als in Österreich verbreitet. Bei Delta gleichen einander die Verläufe. Und selbst wenn es nur relativ wenige schwere Erkrankungen unter Jungen und Geimpften geben sollte, könnte eine sehr hohe Inzidenz etwa den Tourismus gefährden, wenn Österreich von anderen Ländern als Risikogebiet eingestuft wird.

Die neue Regelung für die Nachtgastronomie wird bereits am kommenden Wochenende, konkret ab 22. Juli, greifen. Wer dann im Club feiern will, braucht eine Impfung (drei Wochen nach dem ersten Stich), einen PCR-Test oder sehr gute Verbindungen zum Türsteher. Der Nachweis einer Genesung alleine ist jedenfalls keine Eintrittskarte mehr. Die Regelung, dass auch schon der Erststich gilt, wenn er mindestens 22 Tage zurückliegt, ändert sich mit 15. August, wenn das Regulativ für den Grünen Pass geändert wird. Für diesen wird dann eine Zweitimpfung nötig sein, die nicht länger als 270 Tage zurückliegt, oder eine Immunisierung mit einem Impfstoff, bei dem nur ein Stich vorgesehen ist, also derzeit Johnson & Johnson. Das heißt, auch beim Eintritt in die Disco muss man ab Mitte August entweder vollständig immunisiert sein oder einen PCR-Test vorweisen.

Giechenland-Urlauber kennen freilich noch strengere Regeln. Dort dürfen nämlich neuerdings sogar die Innenräume von Restaurants und Bars überhaupt nur von Personen betreten werden, die nachweislich geimpft sind. Für die Außenbereiche gilt die neue Verordnung vorerst nicht. In Griechenland, wo die Corona-Zahlen vor allem wegen der Delta-Variante ebenfalls wieder steigen, sind 41 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahre zweifach geimpft.

Kritik aus den Ländern an der PCR-Testpflicht

Was nun die PCR-Tests betrifft, so ist in Wien der Gurgeltest ("Alles gurgelt") etabliert und niederschwellig verfügbar, während in anderen Bundesländern nur wenige PCR-Tests durchgeführt werden. Neun von zehn PCR-Tests entfallen derzeit auf Wien. Es war zwar geplant, die Gurgeltests bundesweit auszuweiten, und bis 19. Juli läuft bei der Bundesbeschaffung GmbH auch eine Ausschreibung für Tests, Logistik und Analyse, doch dieser Ausbau zielte auf den Herbst ab, nicht als Angebot für feierwillige Jugendliche. Der Bedarf in den Ländern dürfte nun sehr rasch steigen. Kostenlose Angebote gibt es aber kaum, oder nur, wenn sie von der Behörde angeordnet werden.

Aus Salzburg kommt deshalb auch Kritik an der Regierung. "Es wurde wieder einmal der zweite vor dem ersten Schritt gesetzt, man stellt die Länder vor logistische Herausforderungen", heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Auch in Niederösterreich kritisiert man die Ankündigung ohne Verordnung im Büro der Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).

Ein Rundruf dieser Zeitung in den Ländern zeigt aber, dass die Ankündigung hektische Betriebsamkeit ausgelöst hat. Aus Vorarlberg kam die Zusicherung, dass kostenlose PCR-Tests für die Bevölkerung bereitgestellt werden. In Tirol ist eine Teststation für Jugendliche in Innsbruck geplant, in Oberösterreich wird- schon länger geplant - ab kommender Woche "Alles gurgelt" in Pilotregionen starten. Und auch aus Kärnten kam bereits ein Anruf bei Michael Havel in Wien.

Havel, ein ehemaliger Herzchirurg, ist Chef von Lifebrain, dem Generalunternehmer der "Alles gurgelt"-Aktion der Stadt Wien. An dieser sind auch der Rewe-Konzern, über den die Testkits bezogen und abgegeben werden, sowie die Post als Logistikpartner beteiligt. Pro Tag werden derzeit 50.000 Proben ausgewertet, 120.000 waren es bereits, auf 500.000 könne man es skalieren. An der Ausschreibung für die bundesweite Ausrollung hat Lifebrain auch teilgenommen.

Salzburg überlegt eine Adaption des Wiener Modells. "Aber ländliche Bezirke wie der Lungau haben nicht an jeder Ecke einen Drogeriemarkt für die Abgabe des Tests", heißt es aus Salzburg. Ähnlich Kärnten, wo man die Implementierung der Gurgel-Aktion als "Challenge" sieht, wie ein Sprecher sagt. Laut Havel könne aber mit den bisherigen Partnern für Tests und Logistik das System rasch hochgefahren werden.

Abwarten heißt es noch in Niederösterreich und in der Steiermark. Mit einer Ausrollung in der Steiermark sei "realistischerweise nicht vor Ende September zu rechnen", heißt es.