Warum am Donnerstag nicht nur weitere Erleichterungen, sondern auch gewisse Verschärfungen der Corona-Regeln in Kraft treten, konnte man Meldungen der vergangenen Tage entnehmen. In einer Diskothek in Kaprun dürfte eine unwissentlich infizierte Frau am 8. Juli einen großen Cluster ausgelöst haben. 60 Personen wurden seither positiv getestet, die Behörden gehen davon aus, dass sich diese Zahl noch erhöhen wird. In Linz gibt es einen Nachtlokal-Cluster von zumindest 14 Infizierten, in zwei Grazer Clubs waren ebenfalls Infizierte des nächtens feiern. Die Behörden suchen potenziell infizierte Gäste.
Das zunehmende Infektionsgeschehen wird derzeit stark von Jugendlichen und jungen Menschen sowie auch von Reisenden angetrieben. In älteren Bevölkerungsgruppen ist die Delta-Welle noch nicht angekommen. Unsicher ist, ob dies allein auf die hohe Durchimpfungsrate dieser Gruppe zurückzuführen ist. Denn auch in bisherigen Wellen zeigte sich, dass sich das Infektionsgeschehen erst unter Jüngeren aufbaut, ehe es dann nach Wochen auf Ältere überschwappt.
Ab Donnerstag braucht es für den Einlass in die Nachtgastronomie ein Impfzertifikat oder einen negativen PCR-Test. Ein Antigentest reicht nicht mehr, er gilt bei asymptomatischen Personen als zu unzuverlässig. Ab 15. August wird das Impfzertifikat dann erst ab einer Vollimmunisierung ausgestellt, also nach der zweiten Teilimpfung (Ausnahme: Einmal-Impfstoff Johnson&Johnson). Bis dahin bleibt aber eine epidemiologische Achillesferse in Clubs und Diskotheken bestehen. Die infektiösere Delta-Variante dürfte auch Teilimmunisierte recht häufig infizieren, auch wenn bei vielen dann bereits ein gewisser Schutz vor schweren Krankheitsverläufen besteht. Zum Infektionsgeschehen können diese dann aber dennoch beitragen.
Durch die Ankündigung der Bundesregierung in der Vorwoche haben die für das Testen zuständigen Länder in sehr kurzer Zeit eine PCR-Test-Infrastruktur auf die Beine stellen müssen. Nur in Wien war ein Gurgeltest bisher niederschwellig verfügbar. Einige Länder haben es auch geschafft.
In Salzburg will man ab Freitag in den 15 Teststraßen des Roten Kreuzes PCR-Tests zur Verfügung stellen, in Linz läuft bereits ein Pilotprojekt zu "Alles gurgelt", Kärnten will ab August ebenfalls das Wiener Projekt anbieten und in Vorarlberg werden über Apotheken PCR-Tests angeboten. Wie Ulrike Mursch-Edlmayr, die Präsidentin der Apothekerkammer, am Mittwoch sagte, wird dieses Angebot auf ganz Österreich ausgerollt, und zwar schon "in den nächsten Tagen". In den Apotheken wird aber nicht gegurgelt, sondern wie bei den Antigentests ein Abstrich genommen.
Ursprünglich geplant, aber nun wieder von der Liste der Erleichterungen gestrichen, wurde der Wegfall der Registrierung in der Gastronomie. Wirklich gut funktioniert diese zwar nicht, wie auch das Contact Tracing bei den diversen Clustern zeigte, aber jede Person, die nicht eigens recherchiert werden muss, hilft den Gesundheitsbehörden bei der Kontaktpersonennachverfolgung.
Erleichterung gibt es, zumindest außerhalb von Wien, bei der Maskenpflicht. Diese wird, wie angekündigt, am Donnerstag weitgehend gestrichen. Sie gilt nur mehr im Supermarkt, in Banken und Apotheken, aber nicht mehr in anderen Geschäften, Museen und Bibliotheken. Wien weicht hier ab und verlängert die bestehende Regelung.
USA: 97 Prozent der Spitalspatienten ungeimpft
International feiert die Maskenpflicht auch eher wieder ein Comeback angesichts der Delta-Welle. In Israel wird sie in Innenräumen wieder verlangt, in Teilen der USA ebenso, in Frankreich wurde sie gar nicht abgeschafft. Die Maske zählt auch zu den weniger kostenintensiven Maßnahmen im Vergleich zu Kontaktbeschränkungen, wie dem Verbot gewisser Veranstaltungen oder Schließungen von Lokalen. Diese Einschränkungen will die Regierung, jedenfalls die türkise Seite, nicht mehr beschlossen wissen.
Am Donnerstag tritt aber nicht nur das neue Corona-Regel-Bouquet in Kraft, sondern auch die Taskforce der Regierung zusammen. Das sind die mit Corona tangierten Ministerien sowie die Länder, vertreten durch das derzeitige Landeshauptleute-Vorsitzland Tirol. Der Zeitpunkt dafür ist freilich nicht ideal gewählt. Es wäre wohl politisch schwierig, die Erleichterung bei der Maskenpflicht am selben Tag, an dem sie in Kraft getreten ist, wieder rückgängig zu machen. Dem Gesundheitsministerium geht es vor allem um eine bessere Kontrolle von Reisenden sowie die Ausweitung auf einen verlangten PCR-Test bei Einreise. In der aktuellen Cluster-Analyse der Gesundheitsagentur Ages ist knapp ein Drittel der Infektionsfälle reiseassoziiert.
Während die Fallzahlen in Österreich bereits seit Wochen steigen, hat sich dies in den Spitälern bisher noch nicht niedergeschlagen. Das dürfte sich nun aber ändern - nicht ganz unerwartet. Laut Ages ist die Zahl der Intensivpatienten mit einer Covid-19-Erkrankung binnen zwei Tagen von 31 auf 40 gestiegen. Es gilt hier, ähnlich wie bei den Fallzahlen: Nicht der absolute Wert ist das Problem, sondern der Trend. Auch das Prognosekonsortium des Ministeriums erwartet bis August einen Anstieg auf 60 bis vielleicht sogar 100 Fälle. Wie sehr das Infektionsgeschehen auch zu einem Erkrankungsgeschehen werden wird, ist noch unsicher. Es hängt von der Durchimpfung und der Wirksamkeit der Impfung auch bei älteren und vulnerablen Personen ab.
Daten aus den USA geben hier durchaus Anlass zu Optimismus. In Interviews berichtete die Leiterin der US-Seuchenschutzbehörde CDC, Rochelle Walensky, dass 97 Prozent aller mit Covid-19 hospitalisierten Personen ungeimpft gewesen seien. In Österreich sind jedoch nur die Altersgruppen ab 75 Jahren zu 85 Prozent oder gar mehr geimpft. An die 560.000 Personen über 55 Jahren sind noch nicht geimpft.