Ein Monat vor dem Start des neuen Schuljahres 2021/22 hat Bildungsminister Heinz Faßmann einen Vier-Punkte-Plan präsentiert, um trotz Delta-Variante und steigender Zahl an Corona-Infektionen den Schulbetrieb möglichst ohne weitreichende Schulschließungen und Schichtbetrieb sicherzustellen. "Flächendeckende Schulschließenungen will in der Regierung keiner mehr", sagte Faßmann am Mittwoch. Weder der Bundes- noch der Vizekanzler, "ich am allerwenigsten", betonte der Ressortchef. Der Plan ist mit der Lehrergewerkschaft vorher abgeklärt worden.

Fix sind in den ersten beiden Wochen nach dem Schulbeginn dreimal wöchentlich Coronatests als Teil des Sicherheitspaktes des Ressortchef. Geimpfte werden "privilegiert": für sie gibt es keine Einschränkungen im Präsenzbetrieb nach den ersten zwei Wochen mehr.

"Alles spült" einmal pro Woche

Die Coronatests werden qualitativ verbessert. Statt der Antigentests dreimal pro Woche wird es im neuen Schuljahr einmal wöchentlich einen PCR-Spültest ("Alles spült") österreichweit geben. Diese Spültests werden jeweils am Montag gemeinschaftlich in den Klassen durchgeführt, die Ergebnisse sollen ab Dienstag vorliegen. Bei der Logistik zur Abholung der Tests wird die Post Partner sein.

"Ninja-Pass" kommt wieder

Die Ergebnisse werden ebenso wie Coronaimpfungen bei Schülern in den neu aufgelegten "Ninja-Pass" eingetragen, der als Zutrittserlaubnis für andere Einrichtungen gelten wird. Nach der "Sicherheitsphase" in den ersten zwei Schulwochen, in denen auch geimpfte Schüler getetest werden, müssen sich geimpfte Kinder nicht mehr testen lassen. "Wer geimpft ist, soll Privilegien erhalten", erklärte der Bildungsminister: "Ich glaube, dass diese Privilegierung gerechtfertigt ist."

Der Bildungsminister appellierte, dass sich auch Eltern und Großeltern als "Schutzschild" für die Kinder impfen lassen sollen. Für die Schulkinder ab 12 Jahren wird das Bildungsressort die Bundesländer bei Impfaktionen unterstützen. 30 Impfbusse werden auch in die Sommerschulen geschickt, in denen in den letzten beiden Ferienwochen im Sommer knapp 40.000 Schülerinnen und Schüler mit Lerndefiziten ergänzend unterstüzt werden. Die Eltern werden außerdem noch zusätzliche Informationen über die Impfungen erhalten, die Schulärzte eingebunden. Derzeit sind 19 Prozent der Schüler zwischen 12 und 15 Jahren einmal geimpft, 46 Prozent sind es in der Altersgruppe der 16- bis 19-Jährigen.

Maskenpflicht in den Schulen gilt ab dem Schulstart außerhalb des Sitzplatzes. Im Unterricht selbst muss auf dem Sitzplatz keine Maske getragen werden.

Abwassertests zur Frühwarnung

Als Teil eines Frühwarnsystems ist auch die Überprüfung der Abwässer vorgesehen. Durch diese Proben auf regionaler Ebene sollen frühzeitig Infektionen erkannt und Cluster verhindert werden. Norbert Kreuzinger, Mikrobiologe an der Uni Wien, sieht darin eine Vorbildmaßnahme, mit der rechtzeitig auf Infektionsherde reagiert werden kann. Die Innsbrucker Virologin Dorothee van Laer lobte die Kombination von Antigentests mit PCR-Spültests, betonte zugleich die Wichtigkeit von Impfungen. Zusätzlich werden an 300 Schulen österreichweit stichprobenartig PCR-Tests, um ebenfalls vorzeitig über die Virusdynamik Aufklärung zu erhalten.

Teilweiser Einsatz von Luftfiltern

Der schon in der Vergangenheit massiv geforderte Einbau von Luftfiltern in den Schulen, um die Ausbreitung über Aerosole zu vermindern, wird ab dem neuen Schuljahr 2021/22 zumindest in eingeschränkter Form umgesetzt. Solche Luftreiniger soll es dort geben, wo die Luft nicht oder nur schwer - etwa durch Stoßlüften - rein gehalten werden kann. Aber auch dort, wo die Aerosolbildung stärker ist, etwa in Musikzimmern.

Plan mit Lehrergewerkschaft "eng abgestimmt"

Die obersten Lehrervertreter sind zufrieden. "Der Bildungsminister hat den Plan mit uns eng abgestimmt", erläuterte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer und Leiter der Arge Lehrer, Paul Kimberger, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Wir haben auch auf eine lange Vorlaufzeit gedrungen." Er spielte damit auf den Umstand an, dass im vergangenen Schuljahr viele einschneidende Maßnahmen für die Schulen kurzfristig in einer Pressekonferenz von der Bundesregierung oder von Faßmann verkündet worden sind. Direktoren und Lehrer mussten danach teils über das Wochenende die Vorbereitungen für die folgende Schulwoche organisieren.

Der Vier-Punkte-Plan lege jetzt "notwendige und sinnvolle Punkte" fest, die für einen möglichst sicheren Schulstart in den Herbst gebraucht werden. Für wichtig hält er, dass nun auch bundesweit einmal wöchentlich in den Schulen die zuverlässigeren PCR-Tests durchgeführt werden. "Wichtig ist auch, dass jetzt Dynamik hineinkommt in der Frage der Lüftungsgeräte", meinte Kimberger. Langfristig würden außerdem Lüftungen bei Umbauten und beim Bau neuer Schulen berücksichtigt.

Direktor: Masken außer im Unterricht wichtig

"Das Allerwichtigste ist, dass es beim Präsenzbetrieb in den Schulen bleibt." In diesem Punkt ist Markus Michelitsch, Direktor am GRG 23 in Wien, mit Bildungsminister Faßmann völlig einig. "Die Masken sind weiterhin wichtig - außerhalb des Sitzplatzes", betont der Schulleiter im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Schüler sollen demnach im Schulgebäude Schutzmasken tragen, nicht aber, wenn sie in der Klasse dem Unterricht folgen. Auch für Lehrer sei es ganz wichtig, dass sie in Klassenzimmern keine Maske tragen müssen: "Das war aus meiner Sicht schon unzumutbar."

Persönlich sei er vor allem auch der Meinung, "dass das Impfen wichtig ist". Dennoch sollten Impfungen die Entscheidung jedes Einzelnen bleiben, womit er einer Impfpflicht eine Absage erteilt.

In anderen Punkten erwartet sich Michelitsch noch mehr Klarheit bis zum Schulbeginn. Das betrifft etwa die Frage der Lüftungsgeräte. "Die Luftfilter kann ich mir vorstellen, wenn das Ministerium das zahlt", erklärt er. Ansonsten sei man an seiner Schule aber mit dem Lüften gut zurechtgekommen. Offen ist für Michelitsch auch noch, welche "Privilegien", wie es Fassmann genannt hat, konkret für geimpfte Schüler vorgesehen sind und wie die Kontrolle genau erfolgen wird.

Elternvertreter bereitet das Wochenende Sorgen

Der Vorsitzende des Elternverbandes Wien, Karl Dwulit, ist wie der GRG-Direktor froh, dass nun gut ein Monat vor Schulbeginn in Ostösterreich ein Plan des Bildungsministeriums vorliegt: "Es scheint zumindest einer zu sein, auch wenn er noch nicht ausgegoren ist." Auch er erwartet sich rechtzeitig vor dem Schulstart noch Klarheit zu Details.

Als Elternvertreter findet Dwulit jedoch vor allem einen Umstand "sehr schade", dass Freitag und Samstag durch den Plan für die Tests in den Schulen wieder nicht abgedeckt seien, weil der letzte Antigentest pro Woche jeweils für Donnerstag geplant sei. Dieser hat dann nur bis Freitag Gültigkeit: "Da lässt man die Elternschaft im Regen stehen. Das finde ich nicht sehr fein", bedautert Dwulit im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Denn gerade in Familien, die "nicht so testaffin sind", bleibe damit eine Lücke bei den Coronatests: "Das ist das, was uns eingermaßen trifft, weil hier der Sparstift angesetzt wird." Allerdings haben die Bundesländer, wie auch Wien, die Möglichkeit alternative Testmöglichkeiten für Schüler zu schaffen.