Landesweit 14.416 Neuinfektionen an einem Tag. Der Wert vom Mittwoch ist nicht nur abermals ein neuer Höchststand seit Beginn der Corona-Pandemie. Er liegt auch deutlich über dem Schnitt der vergangenen sieben Tage mit 12.164 Neuansteckungen täglich.

Allein 4.423 Neuinfektionen gehen auf Oberösterreich zurück, das am schwersten von der vierten Welle getroffene Bundesland. Aus den dortigen Spitälern drangen auch am Mittwoch dramatische Berichte über den Grad der Überlastung bei der medizinischen Versorgung. Die APA berief sich auf eine Insiderin, laut der es in einem Krankenhaus von Sonntag auf Montag so viele Todesfälle gab, dass die Prosektur nach einer Nacht am Limit war. "Die Leichen mussten wegen Überfüllung am Gang abgestellt werden", wird eine Pflegefachkraft zitiert.

Nicht-Covid-Patientinnen und -Patienten aus Akutspitälern in Oberösterreich und Salzburg, dem Bundesland mit den zweithöchsten Inzidenzzahlen nach Oberösterreich, werden zudem immer wieder in Rehabilitationseinrichtungen der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) verlegt, wie die "Wiener Zeitung" berichtete. So sollen die Intensivstationen der Spitäler bei den täglich steigenden Belagszahlen ein wenig entlastet werden.
Am Mittwoch fanden im Gesundheitsministerium zwar "Expertengespräche" in wechselnden Runden statt, darunter mit dem Krisenstab im Ministerium, Vertretern der Ages, der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), dem Corona-Prognosekonsortium und Intensivmedizinern. Über mögliche weitere Maßnahmen wie etwa einen generellen Lockdown will die Bundesregierung allerdings erst am Freitag entscheiden.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen berichtete nach Gesprächen, dass das Gesundheitspersonal "an seiner Belastungsgrenze" sei - und man einhellig festgestellt habe, dass es "rasch effektive Maßnahmen braucht, um die drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern".

Mediziner und Pflegepersonal aus ganz Österreich hätten ihm die dramatische Situation in den Krankenhäusern und Intensivstationen geschildert, berichtete der Bundespräsident auf Twitter - und dankte dem Gesundheitspersonals, das "tagtäglich um das Leben der Erkrankten kämpft".

Mediziner fordern Lockdown für alle

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verwiesen am Mittwoch auf die dann tagende Landeshauptleute-Konferenz in Tirol. Dort werde "weiter beraten", sagte Köstinger. Auch Zadic betonte, dass mögliche Verschärfungen zunächst intern und auch mit den Landeshauptleuten abgesprochen werden. An der LH-Konferenz wird neben Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) teilnehmen.

Unter Fachleuten ließen die dramatischen Zahlen sowohl in den Spitälern, als auch bei den Neuansteckungen jedenfalls die Rufe nach einem – zumindest kurzen – Lockdown für alle lauter werden. "Es geht sich sonst nicht mehr aus", sagte der leitende Oberarzt der Notfallaufnahme in der Klinik Donaustadt Rainer Thell. Es könne nicht sein, dass in Salzburg Menschen sterben, aber dennoch "keine mutigen Entscheidungen getroffen werden, die auf der Hand liegen".

Es seien keineswegs nur Salzburg und Oberösterreich betroffen, die Welle werde sich weiter fortsetzen. "Wenn wir jetzt nicht solidarisch sind, wann dann?", fragte der Arzt. Auch das Weihnachtsgeschäft und die Wintersaison seien in höchster Gefahr, wenn man jetzt nicht "auf die Vollbremse" steige, so Thell.

Dass sich die eskalierende Situation mit den aktuellen Maßnahmen wie dem Lockdown nur für Ungeimpfte ausreichend einbremsen lässt, ist auch für den Mikrobiologen Michael Wagner von der Uni Wien "schwer vorstellbar". Ohne "kurzen, harten Lockdown, um die Zahlen massiv nach unten zu bringen", werde es vermutlich nicht gehen, sagte er. Es gebe "eigentlich gar keinen Spielraum mehr für Experimente". Wagner zeigte sich "frustriert", dass die Politik auch im zweiten Pandemieherbst "immer nur reaktiv" handeln würde.

Kursierende Gerüchte über Gastro-Schließung

Unterdessen kamen am Mittwoch Gerüchte über eine bevorstehende Gastro-Schließung auf. Gastronomen würden bereits planen, ihre Mitarbeiter auf Urlaub zu schicken, wurde auch dieser Zeitung mehrfach berichtet. Auf Nachfrage im Gesundheitsministerium wurde gegenüber der "Wiener Zeitung" auf die laufenden Gespräche mit Fachleuten und innerhalb der Regierung verwiesen.

Vonseiten Wiens ist aktuell keine Gastro-Schließung in Planung, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gegenüber dieser Zeitung. Eine neue Verordnung war da gerade in der Finalisierung und sollte planmäßig ab Donnerstag gelten. "In Wien gilt weiter 2G für die Gastronomie, dazu Maskenpflicht für das Personal und für die Gäste auf dem Weg zum Tisch und aus dem Lokal", hieß es. Die beiden letzteren Maßnahmen sind ab Donnerstag neu. (tschi)