Nun also auch der ÖVP-Kanzler. Karl Nehammer kann sich Prämien für jene vorstellen, die sich gegen Covid-19 impfen lassen. Er halte es für einen "sehr guten Zugang", auf positive Art zur Impfung zu motivieren: "In welcher Höhe und in welcher Form, da sollen sich die Expertinnen und Experten Gedanken machen", sagte er im Interview mit der Austria Presseagentur. "Aber eines ist auch klar: Es kann dann nicht nur die neu zu Impfenden treffen, sondern gilt natürlich für alle, die bereit waren, sich impfen zu lassen."
Für den grünen Vizekanzler Werner Kogler schien es bereits im Interview mit der Zeitung "Österreich" "plausibel", dass jene, die sich für eine Booster-Impfung entscheiden, einen 500-Euro-Gutschein erhalten. "Wir können das gerne in der Regierung durchspielen. Aber es macht natürlich Sinn, möglichst viele dritte Stiche zu organisieren."
Ursprünglich kam der Vorschlag von der SPÖ bereits Anfang Dezember. "Gut, dass Bewegung in die Sache kommt und mein Vorschlag auch in der Regierung immer mehr Zustimmung findet", zeigte sich deren Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner nun erfreut. Ein "rot-weiß-roter Impfscheck" sei "gut für die Menschen", stärke die Kaufkraft und sichere deshalb Arbeitsplätze.
Überzeugen statt Bestechen wirkt dauerhaft
Aus dem Gesundheitsministerium gab es am Mittwoch zwar kein Go für den Gutschein, aber auch "keine Denkverbote". Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein betonte erneut: "Um die Impfquote noch weiter erhöhen zu können, heißt es hier vor allem auf Überzeugungsarbeit und Aufklärung zu setzen." Er wolle bislang Unentschlossenen vermitteln, dass die Impfung "nicht nur sie bestmöglich schützt, sondern auch ihr Umfeld", ließ er den Medien ausrichten.
Kurt Moser, der sich seit 25 Jahren damit beschäftigt als Werber Denk- und Kaufanreize zu setzen, sagt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" allerdings: "Überzeugen statt quasi bestechen wäre nachhaltiger." Schließlich zeige sich, dass gegen Covid-19 regelmäßig geimpft werden müsse, um davor zu schützen.
Korrekte Übersetzungen von medizinischer Sprache
Moser war im Verbund mit der Agentur Wundermild bereits vor einem Jahr für die lmpfkampagne des Wiener Gesundheitsverbunds verantwortlich. Er ist davon überzeugt, dass mit seriöser Information untermauerte, zielgerichtete Botschaften besser als Anreiz wirken als Geldgeschenke.
"Von Impfskeptikern werden ja immer und immer wieder die selben fünf Fragen gestellt, die sie dann meistens falsch oder mit Halbwahrheiten beantworten", sagt Moser. Informationen zur Impfung, deren Wirkung wie Nebenwirkungen müssten deshalb niederschwelliger als derzeit angeboten werden, "auch in viel einfacherer Sprache", schließt Moser aus der Erhebung der Statistik Austria zu den Merkmalen von Covid-19-Geimpften und -Ungeimpften, die "Wiener Zeitung" berichtete.
Da zeigte sich etwa, dass unter Menschen mit höherem Bildungsniveau der Anteil an Geimpften höher ist: "Wird von Inzidenzen, Indikationen, Vakzinen gesprochen, schließt das viele Menschen aus", sagt Moser. Die Alternative sei "eine korrekte Übersetzung von medizinischer in normale Sprache".
Passende Testimonials je nach Community
In der Erhebung zeigte sich auch, dass es unter jenen, die in Serbien, der Russischen Föderation und Rumänien geboren wurden, eine vergleichsweise geringere Impfbereitschaft gibt. Auch für diese brauche es laut Moser "keine schulmeisternden Aufrufe, sondern Information auf Augenhöhe". Er rät dazu, sie nicht nur, aber auch in der Muttersprache anzusprechen - "und zwar dort, wo sie sind". In Lokalen, Kirchen, Sport- und Kulturvereinen könnten etwa Vorsitzende mit Informationen versorgt werden und damit glaubwürdig weitere Menschen für die Sache gewinnen. "Jede Gruppe hat ihre Influencer, Testimonials und Multiplikatoren. Ein geimpfter Gabalier hat in gewissen Gruppen viel mehr Überzeugungskraft als der einhundertste Arzt", ist der Werber überzeugt.
Mit Informationen auf seriösen Mütter-Plattformen und bei Kinderärztinnen wie -ärzten wären auch junge Frauen, die schwanger werden wollen, zu erreichen. "Die Möglichkeiten sind längst noch nicht alle ausgeschöpft", sagt Moser. Er sagt aber auch: "Und man muss auch einfach akzeptieren, dass es eine Gruppe gibt, die zu tief in Falschnachrichten verstrickt ist und sich nicht mehr überzeugen lassen wird. Hier wäre jeder Cent, den man dafür ausgibt, verschwendet."