Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor dem verfrühten Ende von Corona-Schutzmaßnahmen. Es sei voreilig, das Virus für besiegt zu halten, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Dienstag in Genf. Seit dem Auftauchen der Omikron-Variante vor etwa zehn Wochen seien fast 90 Millionen neue Infektionen gemeldet worden - mehr als im ganzen Jahr 2020. "Wir sehen jetzt einen sehr besorgniserregenden Anstieg der Todeszahlen in den meisten Weltregionen."
Die WHO sei besorgt, dass manche Regierungen es nicht mehr für nötig hielten, das Infektionsrisiko weiter durch Vorschriften wie Maske tragen oder Abstand halten zu reduzieren. Dies werde damit begründet, dass die Impfraten relativ hoch seien und Omikron sehr viele Menschen anstecke, aber wenig schwere Krankheitsverläufe verursache. Das sei völlig falsch, sagte Tedros. "Dieses Virus ist gefährlich, und es verändert sich weiter direkt vor unseren Augen."
Länder mit hohen Impfraten und guten Gesundheitssystemen könnten sich allerdings bald dem Ende der akuten Phase der Pandemie nähern, sagte WHO-Notfallkoordinator Mike Ryan. Doch müsse jede Regierung ihre Impfrate sowie die Immunität innerhalb der Bevölkerung nach durchgemachter Infektion und die Stärke des Gesundheitswesens in Betracht ziehen. Besonders gefährdete Menschen sollten weiter Masken tragen - auch, wenn dies nicht mehr vorgeschrieben sei.
WHO warnt vor Gesundheitsproblemen durch Pandemie-Müll
Die Corona-Pandemie produziert auch riesige Müllberge. Wegen gebrauchter Spritzen, verwendeter Testkits und alter Impfstoffflaschen hätten sich Zehntausende Tonnen medizinischer Abfälle angehäuft, stellte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem am Dienstag veröffentlichen Bericht fest. Die Organisation warnte auch vor neuen Gesundheitsgefahren: Das Material, von dem ein Teil infektiös sein könnte, setze das Gesundheitspersonal potenziell Verbrennungen, Nadelstichverletzungen und krankheitsverursachenden Keimen aus. Gemeinden in der Nähe schlecht verwalteter Mülldeponien könnten auch durch kontaminierte Luft aus der Verbrennung von Abfällen, schlechte Wasserqualität oder krankheitsübertragende Schädlinge betroffen sein. Die WHO forderte Anstrengungen, um den Verpackungsmüll zu verringern und möglicherweise recycelbare Schutzkleidung zu entwickeln.
Die WHO schätzt, dass allein die etwa acht Milliarden verabreichten Impfstoffdosen weltweit zusätzliche 144.000 Tonnen Abfall in Form von Glasfläschchen, Spritzen, Nadeln und Sicherheitsboxen erzeugt haben. Dazu kommen Milliarden Testkits und Schutzausrüstung wie Handschuhe oder Kittel. Schon vor der Pandemie war nach Angaben der WHO etwa ein Drittel der Gesundheitseinrichtungen weltweit nicht in der Lage, die anfallenden Abfallmengen zu bewältigen. In den armen Ländern seien es sogar 60 Prozent gewesen. (apa/dpa)