Österreich nimmt in Europa aktuell wieder Platz eins im Infektionsgeschehen ein. Nirgendwo sonst gibt es aktuell so hohe Fallzahlen. Allerdings ist Österreich in einer anderen Statistik ganz hinten zu finden: bei der Positivrate. Und das ist zum besseren Verständnis wichtig. Während hierzulande weniger als einer von zehn PCR-Tests positiv ausfällt, war es in Deutschland zuletzt einer von zwei. Und in Norwegen lag die Positivrate zuletzt gar bei 75 Prozent.
Der Grund dafür ist die Teststrategie. Während anderswo nur Erkrankte getestet werden, laufen in Österreich nach wie vor breite Screenings. "Die Dunkelziffer wird nirgendwo so niedrig sein wie bei uns", sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien. Da sich die Strategie in Österreich aber zuletzt nicht verändert habe, könne man den Verlauf innerhalb des Infektionsgeschehens des Landes sehr wohl vergleichen. Und seit Tagen zeigt der Trend wieder sehr deutlich hinauf.
Die Öffnungen von vergangenem Samstag sind wohl erst in Ansätzen zu bemerken, eher verantwortlich ist der Vormarsch von BA.2, der Subvariante von Omikron. Wie das Prognose-Konsortium des Gesundheitsministers vermutet, wird der Wegfall fast aller Schutzmaßnahmen zu einer "Beschleunigung des in der letzten Woche beobachteten Fallanstiegs" führen.
Fallsterblichkeit zuletzt deutlich gefallen
Die Sieben-Tages-Inzidenz, die am Mittwoch bei 2.510 lag, dürfte in der nächsten Woche die 3.000er-Grenze durchbrechen. Auch eine Zunahme der hospitalisierten Covid-Patienten wird in der Prognose vermutet, in zwei Wochen sogar auf bis zu 4.000 auf einer Normalstation. Das wäre in der Größenordnung des bisherigen Höchststandes im November 2020.
Die Lage ist dennoch nicht mit jener von 2020 zu vergleichen. Darauf deuten auch die Daten der Gesundheit-Österreich-GmbH hin. Von 100 Infizierten über 85 Jahren verstarben damals 35, also mehr als jeder Dritte. Heute ist selbst bei den Hochbetagten die Sterblichkeit unter 4 Prozent gesunken. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen ist die Fallsterblichkeit von mehr als 8 Prozent im Jahr 2020 auf 0,3 Prozent seit Jänner gesunken. Insgesamt liegt sie in der Omikron-Welle bei 0,1 Prozent (gegenüber 4,4 Prozent im Jahr 2020).
Die Immunität in der Bevölkerung ist nach Berechnungen von Niki Popper und seinem Team beim dwh-Institut auf 77 Prozent gestiegen. Der Höhepunkt der Welle könnte bald bevorstehen, schlussfolgern die Forscher. (sir)