Angesprochen auf das von Hein erwähnte fehlende Regelwerk, meint Biach, dass medizinische und therapeutische Maßnahmen immer von einem Arzt verordnet werden müssen. Hier könne er sich durchaus vorstellen, dafür eigene Honorarpositionen zu schaffen, damit die Ärzte auch dazu verpflichtet sind, entsprechende Therapien - also das Gesamtpaket inklusive ärztlicher Begleitung - zu verschreiben. Aber ein eigenes Regelwerk werde dafür in Österreich nicht benötigt. Allerdings müssen die Sozialversicherungsträger die entsprechenden Programme zum Download zur Verfügung stellen. Wenn der Patient etwa Turnübungen verordnet bekommt, dann sind es Videos, die er sich am Computer anschauen und nachmachen kann, um anschließend seine Werte ins Programm einzugeben.
Konkret budgetiert ist dafür allerdings noch nichts worden, meint Biach - abgesehen von der Programmentwicklung, die durch die PVA vorgenommen wird. "Es wurde so gerechnet, dass man mit der Telereha längerfristig Heilungskosten einsparen kann." Und auch der Wegfall der Fahrtkostenzuschüsse würden einen Kostenausgleich zu den Programmkosten schaffen, so Biach. Mit Apps haben die Programme übrigens nichts zu tun. Gesundheitsapps seien Lifestyleprodukte. Bei den Programmen geht es um eine kurative Versorgung mit hohen Qualitätsansprüchen, die nur im Zusammenwirken von Ärzten und Therapeuten sichergestellt werden können.
Bonus-Modelle ausbauen
Abgesehen davon können die Sozialversicherungen Bonus-Modelle schaffen, die den Patienten dazu motivieren, regelmäßig seine Werte einzugeben, ist Biach überzeugt. Und je größer der Fortschritt ist, desto weniger Selbstbehalt muss er zahlen - so wie das bereits jetzt schon bei der SVA gehandhabt wird. "Das eröffnet viele Möglichkeiten im Bereich der Selbstverantwortung und ermöglicht eine raschere Entwicklung von Innovation", sagt Biach.
Die VAEB (Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau) praktiziert Telereha bei Diabetikern bereits seit 2011 als Pilotprojekt und ist damit in Österreich Vorreiter. Auch hier spielt das Zusammenwirken von Technik und Ärzten eine wichtige Rolle. "Das begleitende medizinische Feedback von einem Arzt ist das Wichtigste an der ganzen Sache", betont Werner Bogendorfer vom VAEB-Direktionsbereich Gesundheit und Innovation. Es würden die zu Hause elektronisch erfassten Vitalparameter der Diabetiker soweit aufbereitet, dass der Arzt einen Überblick über den Status des Patienten erhält. Und der wird dann wöchentlich darüber informiert, was er zu tun hat.
Durch das neue Gesetz ändert sich für die Patienten der VAEB laut Bogendorfer daher nichts. "Es wurde nun lediglich die Form der Betreuung legitimiert und damit wird es für mehr Patienten zugänglich", sagt Bogendorfer. Bisher war nämlich ungeklärt, ob es sich um Therapiezeit handelt, wenn jemand in seiner Freizeit Telemedizin macht und seine Daten erfasst oder ob das Freizeit bzw. Hobby ist. "Jetzt ist es per Gesetz Teil einer Behandlung."
Studie stellt gutes Zeugnis aus
Im Übrigen hat eine aktuelle Studie der MedUni Wien ergeben, dass Telemedizin und Data-Science die Behandlung bei Diabetes verbessern können. Laut Daniela Haluza, Assistenzprofessorin und Fachärztin am Zentrum für Public Health der MedUni Wien verbessern telemedizinische Services die Versorgung von Diabetes-Patienten drastisch und senken gleichzeitig die Gesundheitsausgaben. Als Nachteile gaben die Befragten in der Studie an, dass die persönliche Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten durch Telemedizin reduziert sei. Auch gebe es einen höheren Zeitaufwand für die Ärzte, der finanziell seitens der Leistungsträger noch nicht entsprechend kompensiert werde. Auch die rechtliche Situation in Bezug auf Datensicherheit wurde teilweise als problematisch beurteilt.
Im Übrigen hat Achim Hein zum Rollout seines telemedizinischen Angebotes eine Aktiengesellschaft gegründet und in Deutschland vom Wirtschaftsministerium einen Förderbescheid erhalten: Investoren bekommen 20 Prozent ihrer Investition von der Regierung zurückerstattet und es gibt zusätzlich eine Ertragssteuerbefreiung. "Und das gilt auch für Investoren aus Österreich", so Hein.