Mechelen hat seinen Ruf verloren. In diesem speziellen Fall ist das aber ein Erfolg. Ende der 1990er Jahre war die belgische Stadt, auf halber Strecke zwischen Antwerpen und Brüssel gelegen, ein Desaster. Die Kriminalitätsrate war eine der höchsten im Land, ein Ranking wies Mechelen als die dreckigste Stadt Belgiens aus, es gab 1500 Autoeinbrüche im Jahr und bis zu 60 Raubüberfälle. Pro Tag. Die Bevölkerung schrumpfte, junge Familien zogen weg.

Bart Somers ist vor zwei Jahren als "bester Bürgermeister" der Welt ausgezeichnet worden. Er hat aus der Problemstadt Mechelen eine sichere und wieder wachsende Stadt gemacht. - © Mechelen
Bart Somers ist vor zwei Jahren als "bester Bürgermeister" der Welt ausgezeichnet worden. Er hat aus der Problemstadt Mechelen eine sichere und wieder wachsende Stadt gemacht. - © Mechelen

Die Ergebnisse der Kommunalwahlen entsprachen dem Chaos, das auf den Straßen herrschte. Mitte der 90er wurden die regierenden Christdemokraten abgewählt, vier Jahre später die danach amtierenden Sozialdemokraten. Bei der Wahl 2000 machte Mechelen internationale Schlagzeilen, nachdem der rechtsextreme Vlaams Blok (heute Vlaams Belang) im Gemeinderat die relative Mehrheit holte. Bürgermeister wurde aber ein junger Liberaler. Bart Somers, der knapp dahinter auf Platz zwei kam.

Dass Somers, mittlerweile 54, im Jahr 2018 nach wie vor im Amt ist, ist angesichts dieses unsteten Wählerverhaltens, eine Besonderheit an sich. Und es ist noch ungewöhnlicher, wenn man an die Probleme Mechelens denkt, die Gewalt, die Unsicherheit und den Bevölkerungsrückgang. Doch die Stadt hat eben ihren Ruf verloren, und das hat viel mit Somers zu tun. Heute ist Mechelen eine der sichersten, saubersten Städte Belgiens, die Bevölkerung wächst wieder, die Integrationspolitik gilt in Europa als vorbildhaft.

Obwohl in kaum einer anderen Kommune des Landes relativ gesehen mehr Muslime wohnen als in Mechelen, hat sich aus Somers Stadt kein Jugendlicher dem IS in Syrien und dem Irak angeschlossen. Aus Brüssel und Antwerpen, und selbst aus viel kleineren Städten, als es Mechelen mit seinen rund 85.000 Einwohnern ist, waren es dutzende. Es ist ein Grund, warum Somers vor zwei Jahren als "World Mayor", also quasi als bester Bürgermeister der Welt, ausgezeichnet wurde.

Diesen Weg hat Somers nun in Buchform nachgezeichnet. Es ist ein kurzweiliges Buch entstanden, in dem der Bürgermeister seine Idee einer "inklusiven Gesellschaft" erläutert. Er sieht sie als Antwort auf die größer werdende Diversität, vor allem in den Städten. Er argumentiert diese Idee konzise, ergänzt sie mit konkreten Beispielen aus der Praxis und offenbart dabei auch eine gerade für Kommunalpolitiker generell wichtige Eigenschaft: Pragmatismus.

Einige in seiner Amtszeit getroffenen Maßnahmen widersprechen eigentlich liberalen Vorstellungen, etwa bei Überwachungsmaßnahmen, seinem generell paternalistischen Zugang. Somers hat dafür gesorgt, dass sich in einzelnen Grätzeln nicht zu viele Internetcafés und Nachtshops ansiedeln, da diese als schäbig empfunden werden. Durch den staatlichen Eingriff, so schreibt Somers, wurde den Eigentümern dieser Geschäfte auch die Möglichkeit geboten, mehr in die Qualität zu investieren. So seien respektable Geschäfte statt schäbiger Straßenzüge entstanden.