Wien. (sir/apa) Kinderbetreuung ist in Österreich grundsätzlich Kompetenz der Gemeinden. Das heißt aber nicht, dass sich ihr die Bundespolitik nicht auch ausgiebig widmet. Sie ist jahrzehntelang Streitthema zwischen SPÖ und ÖVP gewesen, nun, in Zeiten koalitionärer Eintracht, gibt sie Anlass für Konflikte zwischen Bund und Ländern. Wobei nun auch die Gemeinden in den Ring steigen.

Mit den von der Regierung angebotenen 110 Millionen Euro sei ein Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen nicht möglich, sagte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl zur APA.

"Die Zeit drängt schon ganz massiv. Mit Ablauf August keine Planungssicherheit zu haben, ist unerträglich", sagt Riedl. Er fordert eine rasche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Diese haben den von der Regierung vorgelegten Entwurf aber bisher abgelehnt. Das Regierungsprogramm, so Riedl, sehe einen raschen Ausbau und ein besseres Kinderbetreuungsangebot vor: "Das, was am Tisch liegt, ist nicht vollziehbar. Wenn man ein besseres Angebot und einen rascheren Ausbau will, braucht man mehr Geld. Mit weniger Geld wird das in der Form nicht gelingen."

Seit im Jahr 2008 die damalige rot-schwarze Regierung ein verpfichtendes Kindergartenjahr beschloss, erhalten die Gemeinden eine jährliche Kompensation von 70 Millionen Euro vom Bund, da die Gemeinden als Träger der Betreuungseinrichtungen für dieses eine verpflichtende Jahr keinen Elternbeitrag einfordern durften.

Kopftuchverbot
eine "Provokation"

Das wurde damals in einer eigenen 15a-Vereinbarung festgeschrieben. Dazu kamen zwei weitere solcher Bund-Länder-Gemeinden-Verträge zur sprachlichen Frühförderung sowie zum generellen Ausbau der Kinderbetreuuung. Ingesamt flossen so jedes Jahr 142,5 Millionen Euro vom Bund. Aus diesen drei Vereinbarungen soll nun eine einzige werden, zum Preis von 110 Millionen Euro. Das ist zumindest das erste Angebot aus Wien. "So geht man nicht miteinander um", sagt Riedl, selbst Bürgermeister der Gemeinde Grafenwörth bei Tulln.

Auch zum Kopftuchverbot für Kindergartenkinder, das von der Regierung in die neue Vereinbarung hineinverpackt wurde, äußert sich Riedl skeptisch: "Ich sehe im Kindergarten eigentlich nirgendwo ein Problem. Wenn ich da Verbote ausspreche, ist es eher Provokation. Bei einzelnen Fällen könnte man das anders lösen."

Was die Statistiken über die unterschiedlichen Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen betrifft, gibt Riedl zu bedenken, dass in diesen gemeindeübergreifende Kooperationen oder Tageseltern für Randzeiten nicht berücksichtigt werden. Auch betont er, dass in den Gemeinden zweimal pro Jahr mit den Eltern der Bedarf erhoben wird. Dass es Handlungsbedarf bei Unter-Drei-Jährigen gibt, stellt aber auch der Gemeindebund klar.