Kiew/New York/Brüssel. Fünf Tage nach dem Absturz der malaysischen Boeing 777 an der ukrainisch-russischen Grenze verschärfte sich die Kritik am Kreml weiter. Dabei zog man am Montag noch im UNO-Sicherheitsrat am selben Strang. Per Resolution forderte man eine unabhängige Untersuchung des mutmaßlichen Abschusses. Alle 15 Mitglieder des Gremiums stimmten dem von Australien eingebrachten Papier zu. Dass die Separatisten das verhindern, wies einer ihrer Anführer zurück. Die militanten Gruppen würden die "Rechtmäßigkeit" der Ermittlungen überwachen, erklärte Andrej Purgin.
Unterdessen drohten einige EU-Staaten mit zusätzlichen Sanktionen gegen Russland. Den Weg dazu haben die Staats- und Regierungschefs der Union bereits bei einem Treffen in der Vorwoche geebnet. Und am heutigen Dienstag werden die Außenminister darüber beraten.
Die Strafmaßnahmen könnten nach Angaben aus Großbritannien auch ganze Branchen sowie Güter betreffen, die zivil und militärisch genutzt werden. Russland müsse aufhören, die Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen, forderte Premier David Cameron. Für eine härtere Gangart gegenüber dem Kreml plädieren ebenfalls Polen sowie die baltischen Staaten. Doch auch aus den Niederlanden, woher die meisten Opfer stammten, kam die Ankündigung, dass alle "politischen und wirtschaftlichen Optionen" gegen Russland auf dem Tisch liegen, sollte der Zugang zur Stelle des Flugzeugabsturzes nicht ausreichend gewährt werden.
Dort sind bis Montagmittag 282 Todesopfer gefunden worden. Ihre Leichen wurden in Eisenbahn-Kühlwaggons gelagert und sollen in Charkow identifiziert werden. Koordiniert wird dies von niederländischen Experten. Familien drängen auf einen raschen Abtransport der sterblichen Überreste ihrer Angehörigen. Die niederländische Staatsanwaltschaft hat zudem Vorermittlungen wegen Mordes, Kriegsverbrechen und Abschuss eines Flugzeuges aufgenommen.
Von Bestand bleiben die gegenseitigen Schuldzuweisungen. Laut der ukrainischen Regierung gebe es an einem Abschuss der Passagiermaschine keine Zweifel, wahrscheinlich sei das Flugzeug von einer Rakete des Systems BUK getroffen worden. Auch Kiew wirft Moskau vor, die Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen. Russland hingegen streitet jede Verwicklung in den Absturz ab. Es habe den militanten Gruppen jenseits der Grenze weder Luftabwehrraketen noch andere Waffen geliefert. Vielmehr habe sich ein ukrainisches Militärflugzeug der Passagiermaschine auf 3,5 Kilometer genähert. Der russische Präsident Wladimir Putin will sich heute, Dienstag, mit dem nationalen Sicherheitsrat und damit den Leitern der Sicherheitskräfte sowie Geheimdienste beraten.
Das Gremium der Vereinten Nationen wiederum hatte über eine Resolution zu entscheiden, die alle Beteiligten - nicht zuletzt die prorussischen Separatisten - zur Zusammenarbeit mit den internationalen Behörden bei der Aufklärung der Flugkatastrophe verpflichten sollte. Dabei wehrte sich Russland dagegen, dass die Ukraine die Ermittlungen leiten sollte, so wie es nationale Behörden bei Abstürzen üblicherweise tun.
Unterdessen dürften die Militäraktionen in der Ostukraine weitergehen. Ein Sprecher der Armee erklärte, die Operation sei in einer "aktiven Phase". In Donezk kam es offenbar zu Kämpfen, gleichzeitig hieß es aber, das Militär sei nicht für Explosionen im Zentrum der Stadt verantwortlich.
Für die Offensive im Osten des Landes fordert Finanzminister Alexander Schlapak nun mehr Geld. Die Kämpfe gegen die Separatisten würden nämlich rund 130 Millionen Dollar pro Monat kosten, stellte er fest. Die Wirtschaft der Ukraine wird heuer nach Schätzungen der Regierung um 6,5 Prozent schrumpfen.