Das konzentrierte Aufbäumen des Establishments der Demokratischen Partei hat sich ausgezahlt: Joe Biden, 77, Ex-Vizepräsident von Barack Obama, landete am sogenannten Super Tuesday, bei den partei-internen Vorwahlen in 14 Bundesstaaten, einem US-Territorium und der Auslands-Demokraten, in mindestens sieben auf Platz eins. Ein Ergebnis, mit dem bis zum vergangenen Wochenende kaum jemand gerechnet hatte.
Biden konnte sowohl die Wettbewerbe im konservativen Süden (Alabama, Arkansas, North Carolina, Virginia, Tennessee) wie die in Oklahoma, Minnesota und Massachusetts für sich entscheiden. Sein erster Konkurrent Bernie Sanders, 78, Senator von Vermont, gewann in seinem Heimat-Bundesstaat, in Colorado, in Utah sowie im größten von allen: Kalifornien. Im Rennen um die Delegiertenstimmen wird Sanders aber, wenn alle Stimmen ausgezählt sind – was noch Tage bis Wochen dauern kann – aller Voraussicht nach ab sofort leicht hinten liegen.
Auch Texas, dem zweitgrößten Preis des Tages (228 Delegiertenstimmen), konnte Biden gewinnen. In dem im äußersten Nordosten des Landes gelegenen Bundesstaat Maine zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab.
Der Milliardär Michael Bloomberg, der die ersten vier Vorwahltermine ausgelassen hatte, musste sich mit einem eher kuriosen Erfolg begnügen: Er gewann nur die Primary auf American Samoa. Der Dienstag sollte das erste und letzte Mal sein, dass Bloomberg auf dem Wahlzettel stand: Er zog Mittwochfrüh die Konsequenzen und gab seine Bewerbung für das Ticket der Demokraten auf. Er werde nun Joe Biden unterstützen.
Ausgestiegene Kandidaten für Biden
Joe Biden hat seine Wiederauferstehung weniger seinen Wahlkampfqualitäten zu verdanken – in manchen der Bundesstaaten, in denen er siegte, war er über die gesamte Dauer des bisherigen Wahlkampfs weder physisch noch durch Werbung präsent – als der Tatsache, dass sich nach seinem Erfolg in South Carolina am Samstag nicht nur jeder einzelne der jüngst wie einige der schon länger ausgeschiedenen Kandidaten (Pete Buttigieg, Amy Klobuchar, Beto O'Rourke) zu seinen Gunsten aussprachen. Im Angesicht der Sander'schen Gefahr von links hatten auch Parteigranden wie der langjährige Senats-Sprecher Harry Reid, die ehemalige UNO-Botschafterin Susan Rice oder Tim Kaine, Senator von Virginia und erfolgloser Vizepräsidentschaftskandidat von 2016, öffentlich zur Wahl Bidens aufgerufen.
Im seit Jahrzehnten praktisch ausnahmslos von den Republikanern regierten Süden machten den Unterschied, wie schon am Samstag in South Carolina, Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner aus, die breite Mehrheit davon über 45 Jahre alt. Was Biden aber im eher den Demokraten zuneigenden Virginia und in Massachusetts gelang, hätte ihm bis vor ein paar Tagen in dieser Deutlichkeit wirklich niemand zugetraut.
Wie Exit Polls ergaben, war es er, der dort jeweils von einem bisweilen extremem Anstieg der Wahlbeteiligung profitierte – in Virginia gingen fast doppelt so viel Menschen wählen wie bei der Primary im Jahr 2016. Während sein Erfolg dort bis zu einem gewissen Grad noch durch die unmittelbare Nähe des Commonwealth zu Washington D.C. erklärbar ist, stellt Bidens Erfolg in Massachusetts tatsächlich eine kleine Sensation dar: Nicht nur, dass er dort den direkten Vergleich mit Sanders für sich entscheiden konnte, verwies er auch noch Elizabeth Warren in ihrem eigenen Bundesstaat auf Platz drei. Für letztere eine hochnotpeinliche Angelegenheit, die noch zusätzlich dadurch verstärkt wurde, dass die 70-Jährige am Wahlabend, den sie in Michigan verbrachte, trotz offenkundiger Chancenlosigkeit noch immer keine Anstalten machte, sich aus dem Rennen zu verabschieden.
Sechs Bundesstaaten wählen in einer Woche
Ein Drittel der Delegiertenstimmen sind nunmehr vergeben, aber Zeit zum Luft holen bleibt den Kandidaten kaum. In einer Woche steht eine Art Schmalspur-Super Tuesday an, aber eingedenk des dünnen Abstands zwischen Sanders und Biden kommt es auf jede Stimme an: gewählt wird in Idaho, Michigan, Mississippi, Missouri, North Dakota und Washington. Zwei Tage später folgen die US Virgin Islands und nochmal zwei Tage später Guam, Northern Mariana und Wyoming. Der – vorläufig – nächste Super Tuesday, der diesen Namen wieder verdient, findet am 17. März statt, dann sind die Wähler in Arizona, Florida, Illinois und Ohio am Zug. Auch wenn der Ausgang prinzipiell offen ist: Das Pendel scheint angesichts des Wahlkalenders jetzt zweifellos eher Richtung Joe Biden als Präsidentschaftskandidaten der Demokraten auszuschlagen.