Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisiert. Biden kündigte für den Fall seines Siegs bei der Wahl im November eine sofortige Rückkehr zur WHO an. Da der Austritt ohnehin erst in einem Jahr in Kraft treten würde, wäre dies wohl kein Problem.
Trumps Rivale Biden kündigte am Dienstag an, sollte er die Präsidentschaftswahl am 3. November gewinnen, werde er an seinem "ersten Tag als Präsident" in die WHO zurückkehren. Er werde die "Führungsrolle" der USA auf der Weltbühne wieder herstellen, versprach der frühere Vizepräsident im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Amerikaner sind sicherer, wenn die USA sich für die Stärkung der weltweiten Gesundheit einsetzen."
Americans are safer when America is engaged in strengthening global health. On my first day as President, I will rejoin the @WHO and restore our leadership on the world stage. https://t.co/8uazVIgPZB
Joe Biden (@JoeBiden) July 7, 2020
Vier Monate vor der Präsidentschaftswahl liegt der Amtsinhaber Trump hinter seinem Herausforderer Biden. Meinungsforscher führen das unter anderem auf sein viel kritisiertes Krisenmanagement in der Coronavirus-Pandemie zurück. Der Rechtspopulist hatte die Gefahr durch das Virus lange Zeit kleingeredet - und drängte dann auf eine rasche Lockerung der Corona-Beschränkungen, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.
Trump hat im Streit um den Umgang mit der Corona-Pandemie offiziell den Austritt seines Landes aus der WHO eingeleitet. Wie ein US-Regierungsvertreter am Dienstag sagte, wurde UN-Generalsekretär António Guterres formell über den geplanten Austritt informiert.
Stichtag: 6. Juli 2021
Ein Guterres-Sprecher in New York bestätigte, das Dokument zum US-Austritt aus der WHO sei am Montag eingegangen. Er betonte, eine der Bedingungen für einen Austritt sei, dass alle Beiträge für die Organisation beglichen seien. Guterres prüfe derzeit gemeinsam mit der WHO, ob alle Bedingungen erfüllt würden. Der Rückzug würde dann am 6. Juli 2021 in Kraft treten.
Trump wirft der UN-Unterorganisation seit Monaten Fehler in der Corona-Krise sowie Einseitigkeit zugunsten Chinas vor. Er kündigte deswegen zunächst einen Stopp der Beitragszahlungen an die WHO und schließlich den Bruch mit der Organisation an.
Kritik aus China und Deutschland
"Wir fordern die USA nachdrücklich auf, ihre internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und das Verantwortungsbewusstsein eines großen Landes zu demonstrieren", sagte Zhao Lijian, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums, am Mittwoch.
Als maßgeblichste internationale Organisation im Bereich der globalen öffentlichen Gesundheit spiele die WHO eine unverzichtbare zentrale Koordinierungsrolle bei der Reaktion auf die globale Coronavirus-Pandemie. Das Vorgehen der USA habe den Kampf gegen das Virus untergraben und insbesondere Entwicklungsländer, die dringend internationale Unterstützung benötigen, ernsthaft negativ beeinflusst.
Kritik an dem Austritt der USA übte auch Deutschland. Dazu äußerte sich Gesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter.
Die 1948 gegründete WHO ist abhängig von Beiträgen ihrer mehr als 190 Mitgliedsländer sowie von Spenden von Regierungen und nicht-staatlichen Akteuren. Die USA waren bisher der größte Geldgeber der Organisation. Im Finanzjahr 2018/2019 unterstützten sie die WHO mit 893 Millionen Dollar (804 Millionen Euro) und stemmten damit rund 15 Prozent des Gesamtbudgets.Trump ist bekannt als scharfer Kritiker internationaler Organisationen. Als zentrales Motto seiner Amtszeit hat er "Amerika zuerst" ("America first") ausgegeben.Rückzug der USA aus @WHO ist ein herber Rückschlag für intern. Zusammenarbeit. Weltweite Infektionsdynamik zeigt, koordiniertes Vorgehen ist wichtig. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit im Kampf gegen Pandemien, nicht weniger. EU-Staaten werden Reformen für stärkere #WHO anstoßen.
Jens Spahn (@jensspahn) July 8, 2020
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte just am Dienstag erneut davor, die Corona-Pandemie zu verharmlosen. "Der Ausbruch beschleunigt sich, und wir haben eindeutig noch nicht den Höhepunkt der Pandemie erreicht." (apa, afp)