Donald Trump hatte in seiner Zeit in der Baubranche nicht den besten Ruf - vor allem nicht bei seinen Vertragspartnern. Festgelegte Preise wurden bei Fertigstellung der Arbeit plötzlich neu verhandelt - entweder musste der Vertragspartner einen Abschlag in Kauf nehmen, oder es wurde nicht bezahlt. Einige strengten den Weg zu Gericht deswegen an. Trump gab in seinem Buch "The Art of the Deal" auch freimütig dieses Nachverhandeln zu - was wiederum einige Kleinbetriebe an den Rande des Ruins gebracht hat.
Die Logik von damals - Geld gibt es, wenn überhaupt, nur gegen bedingungslose Gefolgschaft, hat Trump nahtlos in seinen Job im öffentlichen Sektor mitgenommen.
Während der Anfangszeit der Corona-Pandemie erklärte Trump ein ums andere Mal, dass jene Bundesstaaten, die demokratisch sind, eigentlich keine Gelder bekommen sollten. Oder die Städte, in denen Migranten geduldet werden. Oder die Städte, die nicht hart genug gegen die Proteste gegen Polizeigewalt vorgehen.
Nun steht Donald Trump mit dem Rücken zur Wand. Umfragen zufolge ist Joe Biden, ein knappes Monat vor den Präsidentschaftswahlen, noch immer deutlich in der Wählergunst vorne.
Was macht also Trump? Er bestraft das ganze Land mit Liebesentzug - wenn man Liebe in dem Fall mit Geld gleichsetzt. Oder zumindest der Versorgungssicherheit für unzählige US-Amerikaner, die ihren Job verloren haben.
Für viele überraschend, ließ Trump nun diese Woche die Verhandlungen mit den oppositionellen Demokraten über ein neues Corona-Hilfspaket platzen. Er werde erst nach der Wahl am 3. November ein großartiges Hilfspaket verabschieden. Wenn er denn gewählt wird. Oder, in seinen Worten: "Unmittelbar nachdem ich gewonnen habe, werden wir ein großes Konjunkturpaket verabschieden, das sich auf hart arbeitende Amerikaner und kleine Geschäfte konzentriert."
Sofort-Scheck als Wahlhilfe
Alternativ bietet er aber auch an, dass er jederzeit ein Gesetz unterschreiben würde, das die Amerikaner mit 1200 Dollar einmaliger Soforthilfe unterstützen würde. Etwas, was bei den Wählern klar als Zuwendung des amtierenden Präsidenten ankommen würde.
In einer ersten Reaktion nach dem Platzen der Gespräche reagierte die Wirtschaft verschreckt, an den US-Börsen kam es zu Kursverlusten.
Nur Stunden später fachte Trump die Hoffnung auf weitere Hilfen indes wieder an, indem er auf ein 25 Milliarden Dollar Hilfspaket für Airlines pochte, das die Jobs von Zehntausenden Mitarbeitern sichern soll.
"Man kann das zum Teil als Verhandlungstaktik betrachten", sagte Craig Erlam, Marktanalyst bei Oanda in London. "Sie sagen die Gespräche jetzt in der Hoffnung ab, dass die Demokraten ein wenig nachgeben werden."
Das vorläufige Ende der Gespräche dürfte dazu führen, dass sich die Konjunktur deutlich langsamer erholt als ursprünglich erwartet, war die Einschätzung der Experten. In der Pandemie wurden Millionen Menschen arbeitslos. Der Kongress und das Weiße Haus haben Anfang dieses Jahres Hilfsmaßnahmen von mehr als drei Billionen Dollar genehmigt. Allerdings wurden seit März keine neuen Programme verabschiedet.
Am Mittwoch erklärte der Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows: "Wir sind immer noch bereit, uns zu engagieren, aber ich bin nicht optimistisch, dass eine umfassende Einigung erzielt werden kann." Die Regierung verfolge eher den Ansatz, einzelne Projekte statt eines Gesamtpakets zu verabschieden. "Ich bin optimistisch, dass es etwa zehn Dinge gibt, die wir auf einer stückweisen Basis tun können", sagte Meadows.
Die Demokraten hatten vorgeschlagen, rund 2,2 Billionen Dollar in die Hand zu nehmen. Die Trump-Regierung hat dies als "unseriös" bezeichnet, aber ihr Angebot zuletzt auf fast 1,6 Billionen Dollar erhöht. Vorgesehen ist unter anderem eine wöchentliche Arbeitslosenunterstützung von 400 Dollar. Die Demokraten wollen 600 Dollar pro Woche durchsetzen. Die von Trump vorgeschlagene Einmalzahlung wären also zwei Wochen Arbeitslosengeld, das die Demokraten wollen.
Dass Trump sich weigert, vor seiner Wiederwahl ein Konjunkturpaket zu unterscheiben, steht in eklatantem Gegensatz zu der Eile, mit der er die Nachbesetzung des Posten am Obersten Gerichtshof forciert. Vor dem 3. November soll eine erzkonservative Richterin, Amy Coney Barrett, noch schnell bestellt werden, nachdem die liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg erst im September gestorben war.
Weißes Haus ist ein Cluster
Am Mittwoch waren bereits -exklusive dem US-Präsidenten - 19 Personen positiv getestet worden, die sich in Trumps Umfeld befinden. Dazu gehört der enge Berater des Präsidenten, Stephen Miller, und Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany. Ranghohe Generäle, darunter Generalstabschef Mark Milley, arbeiten laut Medien von zuhause aus, weil sie bei einer Besprechung dem Coronavirus ausgesetzt gewesen sein könnten.
Der Infektionsexperte Anthony Fauci erklärte, dass die Ansteckungen im Weißen Haus verhindert hätten werden können. Fauci propagiert das Tragen von Masken. Das Weiße Haus verwies aber bei den maskenlosen Veranstaltungen darauf, dass die Personen ohnedies jeden Tag getestet werden. Das schien sich aber zuletzt nicht bestätigt zu haben. Das Weiße Haus verweigert etwa Angaben dazu, wann Trump vor seinem positiven Test am Donnerstag zuletzt negativ getestet wurde.
Es ist unklar, wie es Trump gesundheitlich wirklich geht. Sein Arzt erklärte nur, der Präsident hätte "keine Symptome gemeldet". Trump will an der nächsten Fernsehdebatte mit seinem Herausforderer Joe Biden am 15. Oktober festhalten.(wak,apa,reu)