Es ist also passiert. Der Justizausschuss des US-Senates hat am Donnerstag über die konservative Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für das Oberste Gericht abgestimmt – und, wie zu erwarten war, wurde die Kandidatin, die von dem republikanischen Präsidenten Donald Trump nominiert wurde, abgenickt. Die oppositionellen Demokraten boykottierten die Abstimmung aus Protest, weil so kurz vor den Wahlen noch eine Richterernennung durchgeboxt wird.
Barretts endgültige Bestätigung durch den Senat soll am Montag erfolgen – eine Woche vor dem Wahltag. Die Republikaner haben im Senat die Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Zwei republikanische Senatorinnen hatten sich bisher gegen eine Abstimmung kurz vor der Präsidentenwahl am 3. November ausgesprochen. Aber um eine Abstimmung zu verhindern, müssten sich vier Republikaner dagegen aussprechen.
Mit der siebenfachen Mutter Barrett hätten die Konservativen im Obersten Gericht der USA eine dominierende Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Barrett soll nach dem Willen Trumps die im September verstorbene liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg ersetzen. Die Richter werden vom Präsidenten nominiert und müssen vom Senat bestätigt werden.
Lautstarkes Schweigen zu den wichtigen Themen
Wie so oft hat die peinliche Befragung vor dem Justizausschuss – damals noch unter Beteiligung der Demokraten – ohnedies keine Klarheit gebracht, wie Barrett bei kontroversen Fragen wie das Recht auf Abtreibungen oder gleichgeschlechtlichen Ehen entscheiden wird. Barrett weigerte sich bei ihrer Anhörung vor einer Woche, ihre Position zu früheren Urteilen des Gerichts zu diesen Themen offenzulegen.
Zugleich betonte sie, dass sie unabhängig sei und ausgehend vom Gesetz statt nach ihren Überzeugungen entscheiden werde. Barrett sagte allerdings, dass sie Diskriminierung "abscheulich" finde. "Ich würde nie auf Basis sexueller Vorlieben diskriminieren." Damit läuteten aber die Alarmglocken bei vielen Liberalen: denn Homosexualität mit einer "Vorliebe" gleichzusetzen, gehört ins Vokabular des 19. Jahrhunderts.
Dafür gab Barrett auf die Frage, ob ein US-Präsident zu einer friedlichen Machtübergabe verpflichtet sei, auch keine Antwort. Dies würde sie in eine politische Kontroverse hineinziehen, sagte sie mit einem Hinweis auf jüngste Äußerungen Trumps. Er weigert sich unter Verweis auf angebliche Wahlfälschung, einen friedlichen Machtwechsel bei einer Niederlage zuzusichern.
Es ist überhaupt kein Geheimnis, dass Trump es eilig mit der Nachbesetzung hatte. Denn vieles deutet darauf hin, dass das Ergebnis dieser Wahlen vor dem Gericht landen wird. Das hat Trump schon offen erklärt - für den Fall, dass er nicht gewinnen sollte. Und dann wäre es natürlich besser, wenn man einen Supreme Court hat, der, verklausuliert gesprochen, "entscheidungsfähig" wäre. Also wo es eine ungerade Nummer an Richtern gibt, wo eine klare Mehrheit entscheiden kann. Wenn diese Richterschar dann noch mehrheitlich von jener Partei gestellt wird, die die Wahlen beeinsprucht – umso besser. Außerdem können so die Evangelikalen bei Laune gehalten werden. Das Supreme Court hat oft das letzte Wort bei kontroversen Fällen unter anderem zum Recht auf Abtreibung, aber auch der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, der Gesundheitsversorgung oder der Einwanderungspolitik. Es stellt damit die Weichen für die amerikanische Gesellschaft. Da die Richter auf Lebenszeit bestellt werden, kann die Berufung der erst 48-jährigen Barrett auf Jahrzehnte bedeutenden Einfluss auf die Urteile des Gerichts haben. (wak)