Eindringlinge auf dem eigenen Grund sind nie eine angenehme Sache. Der Fremdling, der in der Festwochen-Uraufführung "Verwandlung eines Wohnzimmers" in ebendiesem auftaucht, spielt allerdings in einer Klasse für sich - denn er strahlt die Gruseligkeit einer David-Lynch-Figur aus. Nicht nur, dass er anfangs kein Wort redet. Mit seinem öltriefenden, dürren Körper erinnert er an jene tödlich verdreckten Vögel, die sich im Gefolge der Exxon-Valdez-Katastrophe ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben.
Trägt sich auch hier ein Öko-Debakel zu? Es spricht einiges dafür - schon am Anfang, wenn die fünf Bewohner des titelgebenden Wohnzimmers von einem seltsamen sauren Regen sprechen. Je mehr sich das Stück dem Ende nähert, desto stärker scheint alles in Auflösung begriffen. Nicht nur verschwindet der Wohnraum auf der Bühne der Halle G des Museumsquartiers (ein Sammelsurium aus hauchzarten Holzrahmen) allmählich. Auch die Welt außerhalb dieses Hauses scheint zu enden. Sehen kann man das zwar nicht. Das Darstellerquintett äußert aber seltsame Sätze darüber - etwa über die "Löcher" in der Materie und ein obskures Farbenspiel der Natur. Die Welt scheint auf eine leise Apokalypse zuzudriften.
Chapeau: Theatermacher Toshiki Okada, ein Dauergast in Europa mit seiner Truppe chelfitsch, inszeniert in diesem 80-minütigen Rätselspiel ein Crescendo des Unbehagens: Die Entfremdungsgefühle, verlautet von Darstellern mit teils grotesken Körperverrenkungen und surrealen Sätzen, brechen sich mehr und mehr Bahn. Mal räsonieren die Bewohner über ihre neu gekauften "Qualitätsdecken", die die Schlafqualität heben (oder das zumindest sollten), mal zerbrechen sie sich über den Hausverwalter den Kopf: Der hat zu Beginn angerufen und den Fünf aus dem Nichts heraus den Rausschmiss angekündigt. Womit er rechtlich wohl nicht durchkommt. Oder doch? Die Unsicherheit wächst.
Kein Musiktheater
Das Schauspiel ist allerdings nur die eine Seite des Abends. Eigentlich hätte hier eine reizvolle Fusion aus Sprechtheater und Musik (von Dai Fujikura) erfolgen sollen, doch sie blieb aus: Was die sieben dauerpräsenten Mitglieder des Klangforums Wien bei ihren kurzen Bühneneinsätzen fideln und tuten, macht den Eindruck von atmosphärischen Intermezzi. Diese kurzen Stücke, die mal an Minimal Music erinnern, mal sanft Dissonanzen verbreiten, nehmen eher eine dienende Rolle gegenüber dem Drama ein als ihm gleichwertig gegenüberzustehen. Kurz: Es wirkt wie Theatermusik.
Problematisch auch, dass das Stück gegen Ende mit redundanten Sätzen auf der Stelle tritt. Dagegen hilft auch ein surrealer Auftritt des Vermieters nichts, der in den Schlussminuten mit einer Wischmopp-Perücke auf dem Haupt und einem Hüpfball unter dem Hintern herbeihoppelt. Wie ein absurder Reiter der Apokalypse. Milder Beifall.