Einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) zufolge mangelt es den kleinen und mittleren Betrieben Österreichs an digitalen Kompetenzen. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck präsentierte daher Anfang Mai entsprechende Förderprogramme. Unterstützung für KMU muss aber gezielt und vor allem branchenspezifisch und praxisnah den Mehrwert von Digitalisierung adressieren, denn es geht in Wahrheit um die Fähigkeit zur Innovation, kommentiert Sonja Sheikh, Geschäftsführerin der Austrian Cooperative Research (ACR).
"Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bilden das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Sie spielen deshalb für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Landes eine absolut zentrale Rolle. In Österreich sind 99,6 Prozent der Unternehmen KMU und beschäftigen rund zwei Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Aber sind diese Unternehmen auch in der Lage die Zukunftsfähigkeit Österreichs zu sichern? Bzw. sind sie selbst überhaupt zukunftsfähig? Diese Fragen stellen sich in Zeiten wie diesen mehr denn je. Entscheidend für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens ist dabei vor allem seine Innovationsfähigkeit. Und im Kontext von Innovation spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Sie schafft nicht nur neue technische Möglichkeiten, sondern auch gänzlich neue Geschäftsmodelle, führt zu Veränderungen auf den Märkten und öffnet viele neue Wege für Innovationen, wie sie jetzt verstärkt auch in der Krise gefragt sind.
Wie aber steht es nun um die Digitalisierung der österreichischen KMU? Sind die österreichischen KMU Digitalisierungsmuffel? Und wenn ja, woran liegt das? Ein Blick auf die internationale Statistik zeigt, dass Österreich im Vergleich zu den Spitzenreitern in vielen Bereichen der Digitalisierung zurück liegt. Das zeigt unter anderem der geringe Wert für den Digitalisierungsindex der Europäischen Union (Digital Economy and Society Index, Desi), wo Österreich innerhalb der EU nur den 11. Rang belegt. Dabei sind es laut KMU Digitalisierungsstudie vor allem fehlende finanzielle Ressourcen, fehlendes Know-how zur Umsetzung digitaler Transformationen sowie fehlende bzw. schwer definierbare Ziele der Digitalisierung, die die heimischen KMU wie Digitalisierungsmuffel erscheinen lassen.
Vor allem letzteres deckt sich auch mit den Erfahrungen der ACR - Austrian Cooperative Research, wonach die Digitalisierung vieler KMU nicht nur eine Frage des Könnens oder Wollens, sondern vor allem eine des Nutzens ist.
Digitalisierung ist für KMU kein Selbstzweck. Damit Unternehmen und insbesondere KMU Ressourcen in Innovation und Digitalisierung investieren, müssen sie von deren Nutzen für ihr wirtschaftliches Handeln überzeugt sein. Und um den Nutzen der Digitalisierung gerade für kleinere Unternehmen transparent zu machen, braucht es dringend niederschwellige, branchenspezifische und praxisorientierte Information und Beratung für unsere KMU.
Genau hier setzt auch die ACR an. Sie versteht sich als Innovations- und Digitalisierungsbegleiter für KMU und hat unter anderem gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Digitalisierung das Coachingprogramm HAFNERdigital entwickelt. Dabei erhielten zwanzig Hafner über drei Monate ein kostenloses Coaching zur Digitalisierung und digitalen Werkzeugen und konnten mit Expertenunterstützung konkrete Digitalisierungsmaßnahmen im Betrieb umsetzen. Das Pilotprojekt verlief sehr erfolgreich und könnte nun in weiteren Branchen ausgerollt werden. "Digitalisierungsmaßnahmen müssen besonders für KMU einen deutlichen Mehrwert haben, damit sie umgesetzt werden", erklärte dazu auch Projektinitiator Bernhard Jungwirth, Geschäftsführer des ACR-Instituts ÖIAT.
Um mehr Digitalisierung gerade bei den Kleinunternehmen zu initiieren braucht es daher, neben den vom Digitalisierungsministerium (BMDW) gemeinsam mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) angekündigten Programmen, ergänzende niederschwellige branchenspezifische Angebote, die auch jene Unternehmen erreichen, die nicht Kunden bei der FFG sind oder Unternehmensberater_innen nutzen wollen und daher mit den entsprechenden Förder- und Antragsmechanismen weniger vertraut sind.
Aus Sicht der ACR zählen dazu beispielsweise Maßnahmen wie die Entwicklung von branchenspezifischen Digitalfahrplänen für KMU, wie es zum Beispiel das ACR-Projekt "KMU 4.0" aktuell für die Baubranche entwickelt hat, oder niederschwellige branchenspezifische Weiterbildung und konkrete Umsetzungsunterstützung durch Praktiker_innen nach dem Vorbild von HAFNERdigital und ähnlichen Initiativen. Helfen würde auch die Einrichtung einer österreichweiten Digitalisierungshotline für KMU oder ein Digital-Paket für Gründer_innen, das diesen für ihren Unternehmensstart erprobte und passende Software für typische Aufgaben - wie zum Beispiel Faktura, Kassenlösung, Buchhaltung, Branchensoftware, aber auch Webauftritt, Digital-Plattformen, Online-Marketing und Breitbandzugang - anbietet.
Mit einem derartigen niederschwelligen und branchenspezifischen Maßnahmenpaket lässt sich eine breite Masse von Unternehmen ansprechen und jene Art von Digitalisierung adressieren, die die österreichischen KMU gerade in Zeiten wie diesen dringend benötigen, um ihre eigene Zukunftsfähigkeit sowie auch die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich langfristig zu sichern."
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Ein Beitrag zum Schwerpunktthema "Kann man 'Amazon' trotzen?" aus der "Digitalen Republik", ein Verlagsprodukt aus der Content Production der "Wiener Zeitung".