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Wehrpflicht-Äpfel mit Berufsheer-Birnen vergleichen

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

Sieben Wochen vor der Abstimmung über die Wehrpflicht kommt die Koalition darauf, dass eine vertiefte Information der Bürger über das Für und Wider von Pflicht- und Berufsheer vielleicht doch sinnvoll wäre. Der Ruf nach einem Abstimmungsbuch nach Schweizer Modell wird laut.

Verteidigungsminister Norbert Darabos hat sich bislang gegen eine solche - im Idealfall neutrale - Informationsbroschüre gewehrt. Und seine Einwände sind begründet. Was sollte man einander gegenüberstellen? Auf der einen Seite steht die Abschaffung der Wehrpflicht mit einem konkreten Modell zu Berufsheer und bezahlten Sozialdienst. Auf der anderen Seite steht die Beibehaltung von Wehrpflicht und Zivildienst, versehen mit dem Versprechen, dass es anders, besser wird.

Einer konkreten Idee steht also eine Grundsatzüberlegung gegenüber - nicht wirklich etwas, was man sinnvoll vergleichen kann. Vielleicht war es ein Fehler von Darabos, sich auf ein konkretes (und selbst unter Berufsheerbefürwortern höchst umstrittenes) Modell festzulegen - vor allem da sich die ÖVP weigert, ihre eigenen Reformpläne zum Pflichtheer aus der Schublade zu holen.

Die SPÖ hat ihre Informationsbemühungen zuletzt intensiviert. Selbst mit einem mobilen Punsch-Standl ist man in Wien unterwegs, um die Menschen zu überzeugen. Das muss sie wohl auch, denn derzeit deuten die meisten Umfragen auf eine satte Mehrheit für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Allerdings besagt eine Spectra-Studie, dass mit zunehmendem Informationsgrad sich die Meinung zugunsten des Berufsheeres verschiebt.

Doch die Information der Bürger darf sich nicht auf Werbung in eigener Sache beschränken. Aus Sicht des Staatswissenschafters Wolfgang C. Müller von der Universität Wien ist es die Pflicht der Politik, die die Entscheidung über Wehrpflicht oder Berufsheer vom Parlament an die Bürger delegiert, auch ausreichend zu informieren. Daher fordert Müller im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" Abstimmungsinformationen nach Vorbild der Schweiz oder Kaliforniens, wo dem Stimmvolk umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung gestellt wird. Dazu müsse es aber ein geregeltes Verfahren geben, nach dem die Informationen gebündelt werden. "Alle Argumente müssen auf den Tisch. Damit ist die politische Debatte nicht beendet, sondern eröffnet", so Müller.

Den Versuch einer ausgewogenen Information hat das Land Salzburg gewagt. Hier haben Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) und ihr Stellvertreter Wilfried Haslauer (ÖVP) eine 28-seitige Broschüre herausgebracht, in welcher Befürwortern und Gegnern Raum für ihre Argumente gegeben wird. Eine Empfehlung, wie sie etwa Regierung und Parlament in der Schweiz zu den jeweiligen Abstimmungen abgeben, enthält das Dokument nicht.

Das Salzburger Abstimmungsheft könnte nun sogar zur bundesweiten Infobroschüre geadelt werden, hat ÖVP-General Hannes Rauch signalisiert. Dagegen legt sich SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter quer: Das Salzburger Heft sei zu Salzburg-spezifisch. Tatsächlich will er wohl eher, dass die ÖVP ihr Modell preisgibt.

Mit der Übernahme der Salzburger Broschüre hätte der Gesetzgeber auf den letzten Drücker seine Informationspflicht erfüllt. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Stimmvolk am 20. Jänner vor einer Wahl zwischen Äpfeln und Birnen steht. Man kann sich entscheiden, aber man kann sie nur schwer vergleichen.