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Schlepper wieder auf Balkanroute

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Wien, Budapest wollen massiveren Frontex-Einsatz. | Menschenrechtler kritisieren EU-Grenzschützer.


Brüssel. Für einen baldigen Schengenbeitritt von Bulgarien und Rumänien sieht es immer schlechter aus, die Niederlande wollen ihn beim EU-Innenministertreffen heute, Donnerstag, aller Voraussicht nach blockieren. Doch auch ohne die beiden hat der Schengenraum zunehmend Probleme, seine Außengrenzen zu sichern. Jüngstes Alarmsignal: Verstärkt schleusen Schlepper illegale Einwanderer aus Afghanistan, Pakistan, Indien, Somalia, Iran und Irak über die Balkanroute bis nach Österreich ein. Über die Sommermonate habe es einen dramatischen Anstieg gegeben, hieß es. Weit mehr als 10.000 Menschen sollen es in den letzten acht Monaten gewesen sein; die meisten in Kleinlaster und Lieferwagen gepackt.

Die Behörden in Ungarn sind bei der Überwachung der Außengrenze zu Serbien offenbar überfordert. In eine Feuerwehraktion hat das österreichische Innenministerium bereits Grenzwachebeamte an die serbische Grenze geschickt, um die ungarischen Kollegen zu unterstützen. Die Maßnahme ist Teil einer Vereinbarung zwischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und ihrem ungarischen Kollegen Sandor Pinter. Intensiviert wurde auch die Schleierfahndung auf beiden Seiten der Grenze.

Als Wurzel für die Wiederbelebung der Schlepperroute über die Türkei, Griechenland und den Balkan nach Ungarn identifizieren die Minister die neuerdings wieder durchlässigere türkisch-griechische Grenze. Daher fordern die beiden, die Unterstützungsmission der EU-Grenzschutzagentur Frontex, die im März um mehr als 100 auf 70 Beamte zurückgefahren worden war, deutlich auszuweiten. Bis dahin waren die Aufgriffe um rund 70 Prozent zurückgegangen, die Grenze war für Schlepper unattraktiver geworden.

Jetzt wird bei Frontex darauf verwiesen, dass die Migrationsströme zwar im Sommer immer stärker sind. Tatsächlich werde der Migrationsdruck an der griechischen Grenze zur Türkei aber tendenziell deutlich stärker: Gut 1500 Aufgriffe habe es die letzten Wochen im Schnitt gegeben - vor allem Menschen aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch. Mikl-Leitner und Pinter fordern daher die neuerliche Ausweitung der Frontex-Mission - inklusive stärkerer Einflussnahme auf die gesamte Grenzverwaltung. Die Staaten müssten gemeinsam mit der Kommission, Europol und Frontex wirksame Maßnahmen gegen die Schlepperbanden unternehmen, fordern sie in einem Brief an Innenkommissarin Cecilia Malmström und den polnischen Innenminister und amtierenden EU-Ministerratsvorsitzenden Jerzy Miller. Auch ein Frontex-Einsatz in Ungarn könnte zur Sprache kommen.

"Schmutzige Hände der Europäischen Union"

Die aus EU-Sicht sehr erfolgreiche Frontex-Mission zu Jahresbeginn hatte indes ihre Schattenseiten. So berichtet Human Rights Watch in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht über "die schmutzigen Hände der EU": Frontex habe zur unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung von aufgegriffenen illegal Eingewanderten beigetragen. Die Menschen würden in Griechenland in völlig überfüllten und verdreckten Auffanglagern gehalten.

Tatsächlich herrschten in den griechischen Haftzentren inakzeptable Bedingungen, räumte der Sprecher Malmströms ein. Die Verantwortung dafür liege aber bei den griechischen Behörden. Frontex sei nur für das Aufspüren und Abfangen der illegalen Grenzgänger zuständig, hieß es.