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Zwischen Spitzenpolitik und Beiwerk

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Frauen spielen in der europäischen Politik höchst unterschiedliche Rollen.


Wien.

Noch hat Europa drei Regierungschefinnen, nach der Wahl in der Slowakei am Samstag werden es nur noch zwei sein: Die bisherige Ministerpräsidentin Iveta Radicova, die ihre Geschäfte bis zur Wahl noch kommissarisch führte, ist nicht mehr angetreten und will die Politik sogar ganz verlassen. Sie wird in Zukunft an der Universität Oxford lehren. "Ich habe die Politik satt", sagte sie in einem Interview.

Bleiben die oft als mächtigste Frau Europas titulierte deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Dänin Helle Thorning-Schmidt, die seit Anfang Oktober 2011 die erste Frau an der Spitze ihres Landes ist. Ansonsten sind Frauen in der europäischen Spitzenpolitik weiterhin rar gesät. Die Zahl der Staatspräsidentinnen hat sich von 2010 auf 2011 sogar von drei auf eine reduziert: Nachdem in Finnland Tarja Halonen und in Irland Mary McAleese nach jeweils zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durften, ist mit Dalia Grybauskaite in Litauen nur noch eine Frau im höchsten Staatsamt.

Bei der Anzahl der weiblichen Parlamentsabgeordneten geht weltweit der Spitzenplatz überraschend an Ruanda, wo 45 der 80 Mandate von Frauen besetzt sind. Davon können Österreichs Frauen nur träumen: Hier sind nur 27,9 Prozent der Abgeordneten weiblich (51 Mandate). Dafür gehört Österreich zu den nur 41 Ländern von 189 Staaten weltweit, in denen eine Frau einer Parlamentskammer vorsteht - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

In Nordeuropa liegt der Frauenanteil in den Parlamenten laut der Interparlamentarischen Union (IPU) sogar bei 42 Prozent, im übrigen Europa allerdings nur bei durchschnittlich 20,8 Prozent - in den USA übrigens lediglich bei 17 Prozent. Das EU-Parlament ist mit rund 35 Prozent Frauen besetzt, eine Quote, unter die Österreichs EU-Abgeordnete im Vorjahr gefallen sind.

Die IPU beklagt übrigens auch, dass Politikerinnen im Allgemeinen wesentlich weniger mediale Aufmerksamkeit erhalten als ihre männlichen Kollegen. Eine Ausnahme ist da wohl Maria Fekter, hat sie doch als eine von drei Finanzministerinnen weltweit (die weiteren sind in Litauen und der Schweiz beheimatet) einen zentralen Regierungsposten inne.

Ansonsten ist die Wahrnehmung von Politik aber weiterhin von Geschlechterstereotypen geprägt. Besonders deutlich wird dies wohl in der medialen Betrachtungsweise von Politikerfrauen. Deutschlands Ex-Präsident Christian Wulff wurde unter kräftigem eigenen Zutun mit seiner zweiten Ehefrau Bettina zum Liebling der Boulevard-Presse. Im Zuge der Korruptionsvorwürfe gegen ihn wurde auch gleich gemutmaßt, inwieweit sie Anteil an seinem verhängnisvollen Hang zum Glamour gehabt haben könnte.

Eine Abkehr vom Society-Leben hat sich unterdessen die Ehefrau von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verordnet: Im Wahlkampf ihres Gatten mimt Carla Bruni nun den häuslichen Typ, statt im Designerkleid nun mit Strickjacke bekleidet. Zwei von vielen Fällen, in denen Frauen in der Politik nur als schmückendes Beiwerk auftauchen, das Wahlstrategen zur Unterstützung der politischen Karriere des Mannes dient.

Dossier: Frauentag