Wien. Heißere, trockene Sommer, wärmere Winter und stärkere Regenfälle, die unsere Flüsse über die Ufer treten lassen: Der Klimawandel gefährdet denkmalgeschützte Bauwerke in Österreich bis in die Fundamente. Von historischen Fassaden und Fresken an den Ufern der Donau über Privathäuser auf Stadtplätzen bis hin zu Gemälden, Skulpturen und Textilien in Museumsdepots könnte das heimische Kulturerbe der Erderwärmung zum Opfer fallen.

Diese Ergebnisse präsentiert Katja Sterflinger, Expertin für Baudenkmalpflege am Institut für Biotechnologie der Universität für Bodenkultur in Wien, bei den "Heritage Science Days". Die Konferenz zu zahlreichen Aspekten der Erhaltung von Kulturerbe findet bis Freitag im Kunsthistorischen Museum (KHM), in der Technischen Universität (TU) und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien statt.

"In Österreich wird die Zahl der Überflutungen steigen", warnt Sterflinger. Gleichzeitig sei mit heißeren Sommern und milderen, feuchteren Wintern zu rechnen. "Häufiges Hochwasser durchnässt die Bausubstanz. Trocknen die Mauern nicht aus, gibt es biologische Schäden", sagt Sterflinger zur "Wiener Zeitung".

Stellen in der Denkmalpflege nicht nachbesetzt

Feuchte Holz-Zwischendecken werden von Insekten und Hausschwamm befallen, der die Konstruktionen zerfrisst. Mehr Wasser und Wärme bewirken eine höhere Luftfeuchtigkeit, in der Schimmelpilze gedeihen. Bei Durchfeuchtung und weniger Frost im Winter sterben zudem weniger Insekten. Schädlingspopulationen wachsen. "Ob es der Brotkäfer ist, der Bücherleim frisst, oder die Wandspinne, die sich im Putz einnistet und dort schwarze Punkte hinterlässt, oder der Rüsselkäfer, der die Särge in der Michaelergruft zerfrisst - von Bibliotheken mit großen Beständen bis hin zu den Fassaden sind zahlreiche Bestände bedroht", warnt Sterflinger.

Wasser mobilisiert auch Salze im Ziegelgemäuer. Sie kristallisieren und schaden den Bauwerken. Ein Beispiel ist die Virgilkapelle - eine unterirdische Gruft neben dem Stephansdom in Wien. Das Wasser dringt vom Stephansplatz ein und trocknet an dem Gemäuer wieder aus. Dabei sprengt die Kristallbildung die mittelalterliche Wandmalerei. "Mit der Salzbelastung kommen Bakterien, die rosa Verfärbungen machen", erklärt die Expertin.

Eine Bestandsaufnahme der betroffenen Kulturdenkmäler stünde aus. Auch professionelles Risikomanagement fehle. Das Gegenteil zeichne sich ab. "Forschungsstellen in der Denkmalpflege werden eher abgebaut als aufgestockt. Positionen im geologischen, technisch-chemischen und mikrobiellen Bereich, die neue Methoden der Steinpflege erfinden, proben und testen, werden nicht nachbesetzt und sie verlieren an Stellenwert", schlägt Sterflinger Alarm. Seitens der geldgebenden Stellen sieht sie "eine Orientierung in Richtung Return of Investment, obwohl Kulturgut, das von Touristen besucht wird, nicht in Zahlen zu fassen ist."