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Weibliche Wirtschaft

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer ist Inhaberin von Symfony Consulting, Wirtschaftspädagogin und Human-Resources-Unternehmensberaterin.
© privat

Frauen zu betonen ist nett - und wo bleibt die konkrete Gleichstellung?


"Die Wirtschaft wird weiblicher", verkündete erfreut der Präsident der Wirtschaftskammer. Als Beleg nannte er den Anteil von Frauen bei Neugründungen: 45,3 Prozent!

Abgesehen von der Grammatik war die Wirtschaft schon immer weiblich: Der Ursprung allen Wirtschaftens liegt in der selbstversorgenden Hauswirtschaft, und die inkludiert immer die Arbeit von Frauen, zum Beispiel bei Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln.

Wie wichtig eine sparsame Haushaltsführung auch für den außerhäuslichen Arbeitserfolg von Männern immer schon war, kann man in den Briefen von Christiane und Johann Wolfgang von Goethe nachlesen. Ähnliche Konstellationen sind für adelige Familien dokumentiert, wenn Frauen die Ländereien bewirtschafteten, während die Männer Krieg führten. Trotz rechtlichen Restriktionen wie männlicher Vormundschaft und Verbot der Erwerbstätigkeit waren Frauen seit der Antike auch alleine erfolgreich unternehmerisch tätig. Die Biografie der Anna Sacher zeigt eindrücklich, wie viele rechtliche und gesellschaftliche Hindernisse eine Frau dafür überwinden musste.

Diesen Einzelfällen weiblichen Wirtschaftens ist die Vielzahl an Frauen hinzuzufügen, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Unternehmen geleitet haben und leiten, von den Zunftbetrieben des Mittelalters bis zu heutigen Gewerbebetrieben ums Eck. Zur weiblichen Wirtschaft gehören weiters alle Frauen, die die Haushaltsführung und damit unbezahlt die notwendige Reproduktionsarbeit für die Produktivwirtschaft leisten und als Konsumentinnen für die Wirtschaft bedeutsame Entscheidungen treffen. Zusätzlich nutzten die Wirtschaftssysteme aller Epochen die Leistungen von Frauen als Mitarbeiterinnen. Auch wenn dies nicht mehr in brutaler Ausbeutung wie bei den "Wienerberger Ziegelbehm" geschieht, besteht noch immer eine Ungleichbehandlung

in der Arbeitsbewertung, die sich
im sogenannten Gender Pay Gap niederschlägt. Der Einkommensverlust für Mütter beträgt über zehn Jahre gerechnet 51 Prozent.

Ein Anstieg bei den Firmengründungen durch Frauen ist für sich noch kein Erfolg für die weibliche Wirtschaft. Vielfach versuchen Frauen, durch die Selbständigkeit den Vereinbarkeitsproblemen bei Familie und Beruf oder mangelnden Karriereperspektiven in den Unternehmen zu entkommen. Die grundsätzlichen Herausforderungen für die weibliche Wirtschaft bleiben: Unbezahlte Familienarbeit (Haushaltsführung, Kinder- und Altenpflege), weniger Akzeptanz und geringere Unterstützung durch gesellschaftliche Strukturen - rund 42 Prozent der Unternehmerinnen fühlen sich durch die Mehrfachbelastung beeinträchtigt.

Der Gender Pay Gap setzt sich nahtlos mit geringeren Honoraren und im Gender Investment Gap fort: Start-up-Gründerinnen erhalten weniger Investments und Förderungen als männliche Bewerber.

Was würde die Gleichstellung der weiblichen Wirtschaft nachhaltig stärken? Zum Beispiel ein Investitionsschub in soziale Infrastruktur. Als Erfolg gäbe es zu gewinnen:
eine Ankurbelung der Inlandsnachfrage, mehr Arbeitsplätze in von Frauen gegründeten Unternehmen und damit Wirtschaftswachstum für alle.