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Magenta mag man eben?

Von Helmut Kosa

Gastkommentare
Helmut Kosa ist Markenexperte und Gründer der Contro Group, die am Beratungsunternehmen &US beteiligt ist. Bis Dezember 2018 war er Chef der mehrfach ausgezeichneten Werbe- und Digitalagentur isobar. In den 1990ern betreute er den Mobilfunker max.mobil, bevor dieser übernommen und 2002 zu T-Mobile Austria wurde.
© Contro Group/Joachim Haslinger

Der Name für die Farbe Magenta stammt angeblich vom gleichnamigen italienischen Ort nahe Mailand. Im 19. Jahrhundert soll dort in einer blutigen Schlacht im Sardinischen Krieg der Boden diese bläulich-rötliche Farbe angenommen haben. Seit 6. Mai heißt auch eine heimische Telekommarke so. Das dahinterstehende Unternehmen Magenta Telekom ist mit der Übernahme des Multimedia-Anbieters UPC Austria durch den Mobilfunker T-Mobile Austria entstanden.

Obwohl die Fusion weitaus weniger kriegerisch über die Bühne ging, wirft das Verschwinden der etablierten Marken UPC und T-Mobile doch spannende Diskussionspunkte hinsichtlich des neuen Marktauftritts auf: Welche Auswirkungen hat eine solche Markenbereinigung samt Re-Branding auf ein Unternehmen und dessen Kunden? Muss die Bindung an die neue Marke Magenta erst aufgebaut werden oder können etablierte Markenwerte mitgenommen werden, damit die Kunden treu bleiben? Und ist es eine gute Idee, die zum Konzern gehörende Billigmarke Telering wie angekündigt Anfang 2020 aufzugeben und in Magenta zu integrieren?

Konzernmutter ist wertvollste Telekom-Marke Europas

Um diese Fragen erörtern zu können, muss man sich zum einen den neuen Markennamen Magenta Telekom und zum anderen die Geschichte des dahinterstehenden Unternehmens näher ansehen. Das im Markenlogo hochgestellte "T" verweist auf die Zugehörigkeit zur Deutschen Telekom, der Konzernmutter mit dem ebenso in Magenta gehaltenen "T"-Logo. Der jüngste "Brand Finance"-Report zu den 300 wertvollsten Telekom-Marken der Welt hat beeindruckende Zahlen zu diesem deutschen Telekommunikationsriesen ans Tageslicht befördert: Die Deutsche Telekom nimmt im globalen Vergleich Platz 4 ein. Mit einer Steigerung von 15,2 Prozent erreichte der Konzern voriges Jahr den höchsten Markenwert seiner Geschichte: 41 Milliarden Euro. Damit stellt er die wertvollste Telekom-Marke Europas, noch vor den Mitbewerbern Vodafone aus Großbritannien (Platz 7) und Orange aus Frankreich (Platz 8).

Neue Marke hat noch Kinderkrankheiten

Die Deutsche Telekom ist hierzulande zwar nicht so bekannt wie bei unserem großen Nachbarn, aber die 100-prozentige Mobilfunktochter T-Mobile Austria war seit 2002 mit derselben Farbgebung am österreichischen Markt aktiv und als Marke bei den Kunden gut eingeführt und bekannt. Ob die seit damals "gelernte" T-Mobile-Farbe zu einer starken Markenassoziation geführt hat und der Wiedererkennungswert nun auf die gleichfarbige Magenta Telekom übertragen werden kann, ist noch fraglich.

Als am 8. Mai Glasfaserinternet und Kabelfernsehen in einigen Wiener Bezirksteilen vorübergehend ausfielen, wussten laut Medienberichten viele Kunden noch nicht, an welchen Account sie sich in den Sozialen Netzwerken wenden sollten. Um den neuen Markennamen rasch bei Bestands- und potenziellen Neukunden zu etablieren, muss also noch viel Kommunikationsarbeit geleistet und Geld aufgewendet werden. Insgesamt soll die Markenumstellung samt Einführungskampagne kolportierte 20 Millionen Euro kosten.

Österreich kocht seineeigenen Süppchen

Eine interessante Frage ist dabei auch, warum Österreich im Konzerngebilde der Deutschen Telekom überhaupt eine eigene Marke mit eigener Netzkennung "Magenta T" und dazugehöriger Werbelinie bekommt, während die anderen internationalen Mobilfunktöchter in Polen, den Niederlanden, der Slowakei, Tschechien und den USA weiterhin mit der Marke T-Mobile auftreten. Einerseits erscheint dies durchaus als nachvollziehbarer Schritt, da das Kerngeschäft Mobilfunk durch die Übernahme des UPC-Glasfasernetzes nun um die Segmente Kabelfernsehen, Breitbandinternet und Voice-over-IP-Telefonie erweitert wurde. Durch die Streichung von "Mobile" wollte man diesem Ausbau der Produktpalette vermutlich auch namentlich Rechnung tragen. Zudem ist mobile Konnektivität heute beinahe überall wie selbstverständlich verfügbar - das muss man gegenüber den Kunden gar nicht mehr extra erwähnen. Auch in der jüngsten Vergangenheit hatte sich T-Mobile Austria bereits von der Konzernmutter emanzipiert und war konträr zur Linie der Deutschen Telekom ab 2014 beispielsweise mit einer schwarz-weißen Werbelinie aufgetreten.

Andererseits könnte sich dieser Schritt auch als riskant erweisen, denn die Übernahme von UPC Austria samt Markenbereinigung war nicht die erste in der Unternehmenshistorie. Wir erinnern uns: Im Jahr 2000 erfolgte der Markteintritt des Unternehmens in Österreich, indem die 1996 gegründete heimische Mobilfunkmarke max.mobil komplett übernommen und 2002 in T-Mobile Austria umgetauft wurde. Damals war max.mobil ein österreichisches Vorzeigeunternehmen und bei den Kunden die beliebteste Mobilfunkmarke des Landes. Humorvolle Werbespots, eigene Maskottchen ("mäxchen") und spezielle Tarife wie "HerziLine" sorgten für eine starke emotionale und durch gute Angebote auch rationale Kundenbindung. Nachdem max.mobil 2002 zugunsten der neuen Marke T-Mobile Austria aufgegeben und diese magenta umgefärbt worden war, wanderten viele Kunden zu den Mitbewerbern ab.

Werden KundenFarbe bekennen?

Heute, fast zwei Jahrzehnte später, stehen die Zeichen etwas anders. Zu den bestehenden UPC-Kunden, die jetzt in die Magenta-Familie geholt werden, gab es bisher eher eine infrastrukturelle als eine emotionale Markenbindung. Sie hing vor allem von der Verfügbarkeit des Glasfaserkabelnetzes und den Verkabelungen der Häuser und Wohnungen in den jeweiligen Versorgungsgebieten ab. Mangels attraktiverer Alternativen blieben die Kunden weitestgehend treu. Bei der gerade laufenden Angleichung an die neuen Magenta-Tarife wird ihnen zwar nun zum Teil mehr Leistung zum bisherigen Preis geboten, aber bei vielen Produkten sollen laut übereinstimmenden Medienberichten die Preise um bis zu 14 Prozent angehoben werden. Dies könnte doch einige Kunden vergrämen und in die Arme der Mitbewerber treiben.

Ein zusätzliches Risiko stellt die ab Anfang 2020 geplante Aufgabe und Eingliederung der hauseigenen Billigmarke Telering dar. Für viele Branchenbeobachter ein überraschender Schritt, da Diskonter wie Hofer Telekom (HoT) oder Yesss seit einigen Jahren den Markt aufmischen. Die Strategie von Magenta Telekom, in Zukunft verstärkt das Mittel- und Hochpreissegment zu bedienen, könnte den Mobilfunkanbieter viele Kunden kosten und große Käuferschichten kampflos den Diskontern überlassen.

Der Start von Magenta Telekom sorgt jedenfalls für ordentlich Bewegung am Markt. Ob die Konsumenten zu Magenta Farbe bekennen oder sich grün und blau ärgern und zu den Mitbewerbern abwandern, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten weisen.