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Das Virus und die Massentötung

Von Sebastian Bohrn Mena

Gastkommentare
Sebastian Bohrn Mena ist Ökonom und Volksbildner. Nach seinem Ausstieg aus der Politik im Sommer 2018 (er war erst bei den Grünen und dann bei der Liste Pilz tätig) hat er das Tierschutzvolksbegehren (www.tierschutzvolksbegehren.at) initiiert.
© Sascha Osaka

Massentierhaltung gefährdet auch unsere Gesundheit.


Das Schicksal von rund 17 Millionen Nerzen in Dänemark, die nun allesamt getötet werden müssen, hat viele Menschen berührt. Wie konnte es nur so weit kommen? Virologen hatten herausgefunden, dass in den riesigen dänischen Nerzfarmen, in denen sich immer mehr Menschen ansteckten, das Coronavirus mutiert war. Mit katastrophalen Folgen, denn im schlimmsten Fall wird ein möglicher Impfstoff dadurch weniger wirksam oder gänzlich nutzlos. Die Notbremse wurde gezogen, alle Tiere wurden getötet.

Erinnerungen an deutsche Schlachthöfe, wo tausende Mitarbeiter sich in der ersten Corona-Welle ansteckten, sind kein Zufall. Die Massentierhaltung bietet geradezu paradiesische Zustände für die Verbreitung von Viren, sowohl unter den Tieren selbst als auch unter den Menschen, die dort arbeiten müssen. Unmengen von Tieren leben auf engstem Raum unter miserablen Bedingungen, werden krank, liegen oft tagelang schwer verletzt oder tot herum. Die hygienischen Zustände sind oft katastrophal, die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich besser.

Gesundheitsgefahren werden seit Jahren durch massenhaften Einsatz von Antibiotika kaschiert, wodurch das Fleisch zunehmend mit resistenten Keimen belastet ist. Bei einer Laboruntersuchung von Fleisch aus dem Großhandel in Österreich waren kürzlich mehr als ein Drittel der Proben mit Coli-Bakterien belastet. Dieses Fleisch wird vorwiegend in der Gastronomie verwendet. In Deutschland kam eine ähnliche Erhebung im Lebensmittel-Einzelhandel im Oktober zu einem noch verheerenderen Befund: Jedes zweite Stück Hühnerfleisch ist mit Antibiotika-resistenten Erregern belastet.

Angesichts dessen, dass alleine in Europa jährlich rund 33.000 Menschen sterben, weil Antibiotika nicht mehr wirken, sollte nicht nur der Einsatz der Medikamente, sondern vor allem auch das System an sich überdacht werden. Und damit einhergehend auch die Haltung der Tiere und die Arbeitsbedingungen der Menschen. Diese Form der Erzeugung von Lebensmitteln oder Kleidung ist im Jahr 2020 nicht nur ethisch untragbar, sie ist auch ökologischer Irrsinn und stellt zunehmend eine große direkte Gesundheitsgefahr für uns Menschen dar. Wenn wir uns vor Augen halten, dass zahlreiche Pandemien ihren Ursprung in der Vernichtung natürlicher Lebensräume haben, sollten wir das Warnsignal ernst nehmen und den Umgang mit der Natur grundsätzlich neu gestalten.

Dabei könnte verpflichtender Transparenz eine Schlüsselrolle zukommen. Denn oft ist Menschen gar nicht bewusst, dass sie sich am Raubbau beteiligen. Wenn in Kunstpelz echter Pelz steckt oder auf dem Teller unerkannt importierte Ware aus Massentierhaltung landet, verpufft die Macht der Konsumenten. Als Antwort auf die Fehlentwicklung der Welt braucht es die "Macht der Bürger", also unser Votum für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ob das nun Pelzfarmen oder Tierfabriken betrifft. Die Misshandlung der Tiere ist eine Schande, die uns krank macht.