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Lkw aus Steyr - ein Symbol für den Industriestandort

Von Anton Bucek

Gastkommentare
Anton Bucek ist Mitglied des Importeursauschusses des VÖI, vormals Austro-MAN, ÖAF, Gräf & Stift, Mercedes, jetzt Tatra-Repräsentant für öffentliche Organisationen.
© privat

Das von der Schließung bedrohte MAN-Werk ist ein volkswirtschaftliches Must-have.


Seit September 2020 ist bekannt, dass das letzte österreichische Lkw-Werk von der endgültigen Schließung bedroht ist. Das ist in erster Linie kein betriebswirtschaftliches Problem, sondern ein volkswirtschaftliches, das im Trend der De-Industrialisierung Österreichs und Europas liegt. Diese gefährliche Entwicklung begann bereits 1970, als Austro-MAN die Österreichische Automobilfabrik (ÖAF) und 1971 die Gräf und Stift AG übernahm und damit den Einstieg ins Behördengeschäft als österreichischer Lkw-Produzent schaffte. 1990 griff MAN auch in Steyr zu - damit war MAN der einzige österreichische Hersteller und belieferte die Republik Österreich, Länder und Gemeinden, Feuerwehren, ÖBB, Post und andere als wichtigster ziviler und nicht-ziviler Nutzfahrzeuglieferant.

Die Werke in Wien-Döbling und Wien-Floridsdorf wurden still und heimlich geschlossen, und jetzt steht auch das Werk in Steyr mit 2.300 Arbeitsplätzen vor dem Aus. Der Großkunde Österreich ist durch europäische und eigene Vergabegesetze nicht mehr in der Lage, bei der eigenen Beschaffung auf volkswirtschaftliche Notwendigkeiten einzugehen, "Austria first" ist in der EU ein No-Go. Weder in der Bundesregierung noch in Oberösterreichs Landesregierung zerbricht man sich proaktiv und ernsthaft den Kopf über die Resilienz der österreichischen Volkswirtschaft im Sinne der Selbstversorgungsfähigkeit, denn nach der Schließung des Werks in Steyr wird Österreich erstmals in der Geschichte der Ersten und Zweiten Republik Feuerwehrfahrzeuge, Schneeräumfahrzeuge und Ähnliches importieren müssen und kann sich mit Lkw nicht mehr selbst versorgen. Grenzsperren sind Realität, und wer kann schon vorhersehen was der Nato, deren Mitglied Österreich ja nicht ist, oder auch der EU noch alles einfällt (Stichwort: Russland-Sanktionen).

Die Republik ist gut beraten, so schnell wie möglich ein interministerielles Komitee der betroffenen Ministerien zusammenzustellen und sich abzustimmen, ob die österreichische Volkswirtschaft auch in diesem Sektor die Selbstversorgungsfähigkeit aufgibt und Resilienz einbüßt. Wenn dieses Gremium zum Ergebnis kommt, dass die Lkw-Produktion in Steyr erhalten bleiben muss, dann sind dringend Juristen gefragt, Vorschläge zu unterbreiten, wie man über die Beschaffung Druck auf den Lkw-Hauptlieferanten der Republik ausüben kann, um Standort und Arbeitsplätze abzusichern.

Wenn es Interessenten gibt, wie etwa Russian Machines oder Tatra Truck, dann sollten schleunigst mit diesen potenziellen Teilnehmern an einem Konsortium Verhandlungen im Sinne der österreichischen Selbstversorgungsfähigkeit begonnen werden. Die drohende Schließung des Lkw-Werks in Steyr ist kein betriebswirtschaftliches Problem, sondern ganz klar ein volkswirtschaftliches. Steyr darf kein zweites Traiskirchen (Semperit) werden.