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Die Quote macht den Unterschied

Von Monika Schulz-Strelow

Gastkommentare
Monika Schulz-Strelow ist Geschäftsführerin der b. international group, die Investoren aus dem In- und Ausland sowie deutsche Unternehmen im Ausland berät. Zudem ist sie seit 2005 in der Initiative "Frauen in die Aufsichtsräte" aktiv sowie Gründungsmitglied und Präsidentin des 2006 gegründeten Vereins "FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e. V".
© privat

Konsequente gesetzliche Vorgaben sorgen für eine neue Dynamik.


Ein Handlungsdefizit kann man dem deutschen Gesetzgeber derzeit nicht vorwerfen: Im Sommer 2020 gab Bundeskanzlerin Angela Merkel die Losung aus, das Ziel der Gleichberechtigung müsse "Parität in allen Bereichen" sein, und zwar explizit auch in Spitzenämtern der Wirtschaft. Im November wurde ein gemeinsamer Gesetzentwurf von Justiz- und Frauenministerin diskutiert, der eine Mindestbesetzung mit Frauen in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern der börsennotierten und paritätisch besetzten Konzerne bei Neubesetzungen vorsieht. Die Reform wurde am 6. Jänner im Kabinett beschlossen und durchläuft jetzt das Gesetzesverfahren. Das Zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II) erhöht zudem den Druck auf öffentliche Unternehmen und Anstalten des öffentlichen Rechts, den Frauenanteil in Führungspositionen zu steigern.

Zu Recht. Denn Deutschland hinkt wie Österreich bei der gleichberechtigten Teilhabe massiv hinterher. Zwar wurde durch das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G) in Österreich und das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Deutschland zahlenmäßig das Ziel erreicht, den Frauenanteil in Aufsichtsräten von der Quote unterliegenden Unternehmen zu steigern. Doch an der grundsätzlichen Einstellung änderte sich wenig.

In Deutschland offenbart der Blick auf die Zielgrößen, die alle börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Vorstand und in den zwei obersten Managementebenen festlegen müssen, wie gering die Veränderungsbereitschaft ist: Laut dem "Women-on-Board-Index" der Initiative "FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte" planten 75 von 185 untersuchten Konzernen ohne Frauen im Vorstand mit Zielgröße null - also weiterhin mit einem frauenfreien Vorstand.

Umso bemerkenswerter ist, dass die geplante Mindestbesetzungsvorgabe schon wirkt, bevor sie in Kraft tritt: Adidas, Bayer, E.ON und Infineon gehen als Beispiele voran und holen wieder Frauen in die Führungsetage. Die Zahl der Vorstandsetagen ohne Frauen bei den DAX-30-Konzernen sinkt. Nur HeidelbergCement und MTU haben noch Handlungsbedarf, um die neue Vorgabe zu erfüllen. Überraschend ist das nicht. Schon bei der Aufsichtsratsquote führte bereits die Diskussion über gesetzliche Vorgaben zu zahlenmäßigen Verbesserungen.

Insgesamt macht, wie der "Women-on-Board-Index" zeigt, die verbindliche Frauenquote den Unterschied. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen und oberen Managementebenen steigt überall dort stärker an, wo die Quote gilt. Daher war es höchste Zeit, die gesetzlichen Schrauben anzuziehen und die Wirkung auszuweiten. Denn insgesamt ist der Motor des Fortschritts bei der Teilhabe von Frauen und Männern ins Stocken geraten.

Es war höchste Zeit, den Veränderungsprozess wieder in Schwung zu bringen. Der Druck der Quote wirkt. Wo dagegen nur auf Einsicht der Unternehmen gehofft wird, verändert sich wenig. Österreich sollte sich daran ein Beispiel nehmen. 92 Prozent Männerquote, wie sie der aktuelle "Frauen.Management.Report" zeigt, gilt es zu überwinden.