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Coachen statt schummeln

Von Piotr Snuszka

Gastkommentare
Piotr Snuszka ist Geschäftsführer der Ghostwriting-Agentur Business And Science (https://business-and-science.de).
© Business And Science

Gegen akademisches Ghostwriting helfen keine Verbote - es braucht Regulierung.


Mit Eintritt der Novelle des Universitätsgesetzes (UG) zum Wintersemester 2021/2022 wird in Österreich das gewerbsmäßige akademisches Ghostwriting verboten. Zwar können bereits jetzt nicht nur Studierende bei Abgabe einer fremderstellten Arbeit bestraft werden, sondern auch der Ghostwriter oder dessen Agentur, jedoch bedarf es einer detaillierten Beweislage, die in der Praxis kaum stattfand. Durch die UG-Novelle entfällt die komplexe Beweislast, sodass Ghostwriter und Agenturen wesentlich einfacher gefahndet werden können. Die UG-Novelle findet in der Bevölkerung einen hohen Zuspruch, dabei sind sich die Beteiligten durch den fehlenden Einblick in die Branche nicht der Folgen bewusst.

Auf dem Ghostwriting-Markt gibt es bereits zahlreiche unseriöse Anbieter mit Briefkastenfirmen in Panama oder auf Zypern, falschen Angaben im Impressum oder nichtexistierende Unternehmen. All dies soll eine Nachverfolgung erschweren und somit Rechtsklagen von Kunden verhindern, die mit Dumpingpreisen angelockt wurden und entweder keine oder nur eine mangelhafte beziehungsweise plagiierte Leistung erhalten. Zum Teil werden Kunden erpresst, auch Steuerhinterziehung gehört zur Tagesordnung.

Selbst wenn eine Verdrängung der seriösen Ghostwriting-Agenturen gelänge, nähmen unseriöse Anbieter deren Platz ein. Dadurch würden nicht nur Steuereinnahmen entfallen, sondern gleichzeitig Marktverhältnisse eines Darknets geschaffen. Da sie die IP-Adressen ihrer hunderten Domains tarnen, könnten unseriöse Anbieter durch die UG-Novelle nicht belangt werden. Österreichs Justiz würde einen hoffnungslosen Kampf gegen Avatare führen.

Die Einführung von Verboten ist nur dann sinnvoll, wenn Strafen bei Verstößen verhängt werden können - doch jede Strafverfolgung würde ins Leere laufen. Somit werden bei unwirksamen Verboten die Geschäfte lediglich in den Untergrund verlagert, der frei von jeglicher Regulierung ist. Dadurch werden unprofessionelle und kriminelle Anbieter in den Markt gedrängt, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann.

In vielen Ländern wurde die Prostitution legalisiert, die Prohibition aufgehoben, der Cannabis-Verkauf legalisiert oder wurden Fastfood-Ketten reguliert. Den gleichen Weg sollte man bei der Ghostwriting-Problematik einschlagen. Statt eines bloßen Verbots sollte die Branche stärker reguliert werden. Ein Lösungsansatz wäre eine enge Zusammenarbeit zwischen seriösen Ghostwriting-Agenturen und Universitäten. Diese verfügen nicht über die Kapazitäten, um alle Studierenden gut zu betreuen, und könnten diese an Ghostwriting-Agenturen als Coaches vermitteln. Ob ein Ghostwriter eine Arbeit verfasst oder einen Studierenden coacht, ist für seine Agentur nicht relevant. Durch die Vermittlung würden die etablierten Ghostwriting-Agenturen sich dazu bereit erklären, auf akademisches Ghostwriting zu verzichten. Die dadurch entfallenden Gewinne könnten jene aus dem Coaching kompensieren. Auch das Image von Ghostwriting-Agenturen würde dadurch verbessert und mehr Wissenschafter zur Zusammenarbeit anziehen. Folglich wäre es eine Win-win-win-Situation für die Universitäten, die Ghostwriter und deren Kunden.