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"Bar oder mit Karte?"

Von Ingrid Korosec

Gastkommentare
Ingrid Korosec war Nationalratsabgeordnete der ÖVP und Volksanwältin. Sie ist seit 2016 Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes.
© Sabine Klimpt

Corona hat das Zahlungsverhalten massiv verändert. Dabei ist Bargeld wichtig.


Angesichts von Corona fordern die Geschäfte dazu auf, wenn möglich mit Karte zu bezahlen. Das hat das Zahlungsverhalten massiv verändert: Bargeld als Zahlungsmittel hat an Bedeutung verloren. Die Pandemie beschleunigt eine Tendenz, die sich bereits zuvor abzeichnete. Trotzdem lautet die Antwort auf obenstehende Frage in Österreich noch immer überwiegend: "Bar bitte." Vor allem Beträge unter 50 Euro zahlen die Menschen nicht gerne mit Karte.

Laut Oesterreichischer Nationalbank wurden vor der Pandemie knapp 65 Prozent der Zahlungen bar abgewickelt. Die Zahl brach in den Lockdowns stark ein, erreicht aber jetzt wieder 55 Prozent. Ein gutes Drittel möchte auf keinen Fall ganz, der Rest überhaupt nicht auf Bargeld verzichten, darunter besonders viele ältere Menschen. Nur 4 Prozent wollen sich eine Welt ohne Scheine und Münzen überhaupt vorstellen, auch wenn diese Zahlungsform in regelmäßigen Abständen totgesagt wird.

Jetzt wird in der EU ein neuer Anlauf genommen: Bargeldzahlungen über 10.000 Euro sollen verboten werden. Sicher, dieser Betrag übersteigt Zahlungen, die man als Privatperson bar tätigt, um ein Vielfaches. Betroffen fühlen sich durch dieses Limit daher nur die wenigsten, aber dennoch ist Vorsicht angesagt. Diese Deckelung könnte durchaus der erste Schritt zur völligen Abschaffung des Bargeldes sein. Dann wäre Schluss mit Geld im Kuvert für ein gutes Zeugnis, zur Abschlussprüfung, zu runden Geburtstagen oder zur Hochzeit! Alles Anlässe, auf die man oft über längere Zeit hinspart. Möchte man wirklich zu einem Zehnjährigen "Ich hab dir das Geld auf dein Konto überwiesen" sagen?

Begründet werden Kampagnen gegen Bargeld oft mit dem Kampf gegen Geldwäsche. Solange jedoch weiterhin Briefkastenfirmen, Steueroasen, Rückdatierung von Verträgen, Blankounterschriften oder verdeckte Identitäten nicht ausreichend kontrolliert und geahndet werden, verliert dieses Argument seine Berechtigung. Privatpersonen das Bargeld zu entziehen, verhindert Schattengeschäfte im großen Maßstab nicht. Der Verein für Konsumenteninformation bezweifelt die Wirksamkeit der Bargeldbeschränkung als Mittel gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ebenfalls.

Ein gewichtiges Argument für das Bargeld liefert die Schuldnerberatung: Menschen, besonders junge, verlieren durch unbare Zahlungen leicht den Überblick über ihre tatsächliche finanzielle Situation. Eine Kartenzahlung hier, eine dort führen für viele direkt in die Schuldenfalle.