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Nein danke, aufs Verzichten verzichten wir gerne

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Nur Kapital und Know-how werden Probleme wie Umweltschutz und Armut lösen können.


Wenn man in ein paar Jahren (hoffentlich) mit der Gelassenheit des zeitlichen Abstands auf die Corona-Pandemie zurückblicken wird, dann wird neben den vielleicht fünf Millionen Toten, die am Ende zumindest zu beklagen sein werden - vielleicht auch deutlich mehr -, auch ein extrem positives Phänomen viel klarer sichtbar sein als heute: die unglaubliche Fähigkeit des Menschen, ein so schwieriges Problem wie die Pandemie wenn schon nicht ganz zu lösen, so doch wenigstens halbwegs in den Griff zu bekommen.

Möglich wurde dies dadurch, dass ein paar der klügsten Köpfe der Welt so lange mit fast unbegrenzten Geldmengen zugeschüttet wurden, bis die Rezeptur des Impfstoffes gefunden wurde. Intelligenz, Wissen, und Kapital: nicht zum ersten Mal eine Kombination, die Mauern umrennen kann, die für unbezwingbar gehalten wurden, bis sie fielen. Neben Intelligenz und Kapital waren noch ein paar Sekundärtugenden nötig: Risikobereitschaft zum Beispiel, das Ganze hätte ja auch schiefgehen können; oder die Bereitschaft, völlig neue Wege zu gehen, wie etwa die Anwendung der mRNA-Technologie.

Interessanterweise sind diese Faktoren, die den Erfolg im Kampf gegen Corona ermöglichten, die gleichen, die oft zum Erfolg eines Unternehmens führen. Corona wird mit genau jenen Methoden niedergerungen werden, die aus einem Start-up einen Weltkonzern machen können.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Kombination von Kapital und Know-how existenzielle Probleme löst oder menschliche Bedürfnisse befriedigt, ganz im Gegenteil. Es ist bloß das erste Mal, dass die unfassbare Potenz dieser Kombination so spektakulär sichtbar wird. Daraus kann man für die Zukunft einen einfachen Schluss ziehen: Wo immer große Probleme drohen, wird der Einsatz der unternehmerischen Superwaffen "Kapital plus Intelligenz" am ehesten zum Erfolg führen; egal ob es sich um ökologische Probleme wie den Klimawandel handelt, um neue medizinische Herausforderungen oder die verbliebenen Residuen von Armut und Hunger in manchen Teilen der Welt.

Leider sind vor allem in Europa immer mehr Schlangenbeschwörer, intellektuelle Gaukler und Sektengurus am Werk, die stattdessen Enthaltsamkeit, erzwungenen Verzicht und eine staatlich gelenkte Mangelwirtschaft predigen, in der Flüge kontingentiert, Dieselautos Verbrecherwerkzeuge und Fleischverzehrende sozial geächtet sind. Nicht wissenschaftlicher Fortschritt, sondern Sack und Asche sind nach Meinung dieser Scharlatane die Lösung der großen Menschheitsprobleme. Vor allem im grünen Milieu erfreut sich diese Form der Selbstgeißelung hoher Beliebtheit, aber auch die Sozialdemokratie und sogar Teile des Bürgertums sind dafür durchaus anfällig. Hätten wir vor eineinhalb Jahren, am Beginn der Pandemie, nicht auf Kapital plus Wissenschaft, sondern auf die Rezepte dieser Prediger gesetzt, hätten das mit hoher Sicherheit ein paar Millionen Menschen mehr nicht überlebt. Ob die staatssüchtigen und kapitalismusskeptischen Europäer das langsam begreifen, ist freilich höchst ungewiss. Aus Schaden wird man ja bekanntlich blöd.