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Risikominimierung für Schmiedinnen des Glücks

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer, Inhaberin von Symfony Consulting, ist Wirtschaftspädagogin und Unternehmensberaterin in Wien. Sie ist Sprecherin des Arbeitskreises Industrie 4.0/IoT und Aufsichtsratsvorsitzende des Verbandes Österreichischer Wirtschaftsakademiker.
© privat

Auch 2021 wird noch so getan, als müssten Frauen sich nur anders entscheiden und wären deshalb selbst schuld am finanziellen Unglück.


Alle Jahre wieder - und es ist gegenüber dem 20. Jahrhundert als Fortschritt zu werten - wird der Sommer dazu genutzt, neue Role Models vorzustellen: toughe Frauen, die vorzugsweise in der IT-Branche eine Führungsfunktion innehaben und andere Frauen ermuntern, es ihnen gleichzutun. Dabei wird auf höhere Verdienstmöglichkeiten in Technikberufen und die Teilzeitfalle mit anschließender Altersarmut hingewiesen. Botschaft: Jede ist ihres Glückes Schmiedin. Eindringlich werden Frauen vor den möglichen Folgen ihrer Lebensentscheidungen in jungen Jahren gewarnt: falsche Wahl von Ausbildung, Beruf und Partner, unbezahltes Arbeiten in Haushalt und Familie, etwa durch die Betreuung von Kindern - hochriskant, wenn Frau das Kind alleine erzieht -, kranken oder älteren Angehörigen.

Seltener wird erwähnt, dass auch das alltägliche Kochen, Putzen, Wäsche waschen etc. Zeit und Kraft kosten und in Partnerschaften hauptsächlich von den Frauen erledigt werden. Da auch für Frauen der Tag nur 24 Stunden hat, haben sie für Beruf und Weiterbildung meist weniger Zeit und Kraft als die von ihnen gratis umsorgten Männer. Wer zu viel unbezahlt gearbeitet hat, hat natürlich ein niedrigeres Lebenseinkommen und - unabhängig von einer Mutterschaft wohlgemerkt - monatlich eine um mehr als 1.000 Euro niedrigere Alterspension.

Bemerkenswert ist, dass auch 2021 noch so getan wird, als müssten Frauen sich nur anders entscheiden und wären deshalb selbst schuld an ihrem finanziellen Unglück. Dabei belegen diverse Daten massive strukturelle Nachteile für Frauen.

Was ist daher jungen Frauen im Sinne individueller Risikominimierung und Nutzenmaximierung zu raten? Eine technische Ausbildung, kein sozial orientierter Beruf, streng getrennte Haushalte in Lebensgemeinschaften, keine Kinder - und keinesfalls die Pflege kranker oder alter Angehöriger. Die Folgekosten solcher Lebensplanung wären für die Gesellschaft enorm: Es gäbe in den Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen noch mehr Bedarf bei noch größerem Fachkräftemangel, eine noch geringere Geburtenrate und damit weniger wirtschaftliche Impulse und Aktivitäten.

Sämtlichen Überlegungen, die unbezahlte Arbeit auf Basis individueller Entscheidungen besser zwischen den Geschlechtern aufzuteilen, etwa durch gemeinsame Elternteilzeit, gebe ich eine geringe Erfolgschance. Denn keiner dieser Ansätze, wie etwa die Väterkarenz, wurde ein Massenphänomen, und das aus gutem Grund: Menschen müssen in erster Linie in gegebenen Strukturen ihren Alltag bewältigen, schließen dabei Kompromisse und können auch nicht in die Zukunft schauen. Wer weiß schon, ob er oder sie zu den 60 Prozent Geschiedenen gehören wird oder nicht?

Es liegt an einer verantwortungsbewussten, zukunftsorientierten Politik, ideologiebefreit Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen auch Frauen für ihren Dienst an der Gesellschaft anerkannt und fair entlohnt werden. Zivil- und Grundwehrdiener arbeiten ja auch nicht umsonst.