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Kein gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Von Christine Mayrhuber

Gastkommentare
Christine Mayrhuber ist Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) mit den Arbeitsschwerpunkten Pensionsversicherung, Wohlfahrtsstaat und Verteilung.
© Wifo/Eric Kruegl

Was gesetzlich verankert ist, wurde noch immer nicht überall umgesetzt.


Die gleiche Entlohnung von gleicher und gleichwertiger Arbeit ist gesellschaftlicher Konsens und auch gesetzlich verankert. Dennoch zeigen sich nach wie vor strukturelle Unterschiede in den Entlohnungshöhen zwischen Frauen und Männern, auch wenn ein Sinken dieser Lohnunterschiede zu beobachten ist: Der Stundenlohn der Frauen ist laut Wifo-Berechnungen im Schnitt um 15,3 Prozent geringer als jener der Männer, 2005 waren es 20,5 Prozent. Die steigende Qualifikation der Frauen trägt zu dieser Angleichung maßgeblich bei. Jährlich maturieren mehr Frauen als Männer, seit der Jahrtausendwende ist an den Universitäten und Hochschulen Geschlechterparität erreicht.

Ein Teil des Lohnunterschiedes kann durch unterschiedliche Ausbildung, Berufserfahrung, berufliche Position, Branche, Region, Firmengröße etc. erklärt werden. Werden diese Unterschiede berücksichtigt, sinkt der Lohnunterschied auf 6 bis 11 Prozent - er ist aber immer noch da. Woran liegt es also, dass gleiche Ausbildungen, Berufserfahrungen von Frauen und Männer dennoch zu ungleichen Löhnen führen?

Eine Antwort gibt ein neuer Ansatz, der im Rahmen der analytischen Arbeitsbewertung entwickelt wurde. Hier stehen die Unterschiede in den konkreten Jobanforderungen im Mittelpunkt und nicht die Unterschiede der Personen, die den Job ausüben. Dazu werden im ersten Schritt die Jobanforderungen detailliert erfasst. Im zweiten Schritt werden Paare unterschiedlicher Tätigkeiten, die überwiegend Frauen beziehungsweise Männer ausüben, mit gleichen Jobanforderungen gebildet (Umgang mit Klienten in der Industrie und in der Elementarpädagogik, Umgang mit Gefahrenstoffen in der Chemischen Industrie und im Gesundheitswesen etc.). Abschließend werden die konkreten Einkommen vergleichen. Mit diesem Ansatz lässt sich etwa der deutsche Gender Pay Gap von 21,3 Prozent zu 11 Prozentpunkten durch Unterschiede in den Anforderungen erklären und zu 9,5 Prozentpunkten durch die unterschiedliche Bewertung gleicher beruflicher Tätigkeiten; 1 Prozentpunkt bleibt unerklärt.

Diese umfangreiche Studie für Deutschland, deren strukturelle Erkenntnis teils sicher auch für Österreich zutrifft, zeigt: Das Ziel "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ist bei weitem nicht erreicht. Der Gender Pay Gap wird etwa zur Hälfte durch persönliche Merkmale und zur Hälfte durch strukturelle Gegebenheiten wie die geschlechtsspezifischen Arbeitsbewertung verursacht. Soll der Einkommensnachteil der Frauen reduziert werden, braucht es Maßnahmen in beiden Bereichen:

•Erstens die bekannten - nicht umgesetzten - Maßnahmen zur Erwerbsteilnahme: Sie beginnen bei der Förderung von Mädchen und Frauen in höher bezahlte technische Berufe, gehen über die Umverteilung der Sorgearbeit zur besseren Vereinbarkeit von Job und Familie sowie Reduktion überlanger Arbeitszeiten bis hin zur qualitativen und quantitativen Verbesserung der Betreuungseinrichtungen.

•Zweitens Ansätze zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung, besonders bei personenbezogenen Tätigkeiten im Bereich von Erziehung, Gesundheit, persönlichen Dienstleistungen - also Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeführt werden.