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Eine Exit-Strategie für den Bürgermeister in der Lobau

Von Heinz Högelsberger

Gastkommentare
Heinz Högelsberger arbeitete an einem Universitätsprojekt zur Mobilitätswende mit.
© privat

Wien will weniger Autoverkehr - wozu dann die Autobahn?


Es ist inzwischen erwiesen, dass eine neue Autobahn nicht nur den bestehenden Verkehr bündelt, sondern auch zusätzlichen erzeugt. Daher ist es in Zeiten einer Klimakrise nur logisch und verantwortungsvoll, Straßenbauprojekte zu evaluieren und gegebenenfalls auch zu stoppen. Genau das hat Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) nun mit der Lobau-Autobahn gemacht. Für diesen Mut und diese Konsequenz ist ihr zu gratulieren. Die Zustimmung hält sich aber in engen Grenzen; zu groß ist die Fraktion der Weiterwurstler, Technologiegläubigen und Benzinbrüder. Doch die Richtung ist klar vorgegeben: Um die Klimaziele zu erreichen, muss laut "Mobilitätsmasterplan" der Pkw-Verkehr ab- und nicht zunehmen. Dem Verkehrssektor steht in Zukunft nur ein Drittel der bisher benötigten Energie zur Verfügung. Dafür wird der Umstieg auf E-Mobilität allein nicht reichen. Wir brauchen eine massive Verlagerung auf Rad, Öffis und Bahn (im Güterverkehr). Auch Wien will binnen zehn Jahren den Anteil der Auto-Einpendler halbieren. Wofür wird da die Lobau-Autobahn eigentlich gebraucht?

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gilt als integrer, intelligenter Politiker, der bei der Pandemiebekämpfung verantwortungsvoll agiert und auch nicht vor unpopulären Maßnahmen zurückschreckt. Warum schaltet er also bei Lobau-Autobahn und Stadtstraße auf stur und droht mit Klagen? Will er zum Symbol der Zukunftsverweigerer werden und die Jugend von der SPÖ noch weiter entfernen?

Zweifellos gibt es in der Donaustadt schwerwiegende Verkehrsprobleme. Die alten Ortskerne von Hirschstetten, Eßling, Aspern und Stadlau versinken im Dauerstau. Mit der U-Bahn gelangt man rasch ins Stadtzentrum, aber innerhalb von Transdanubien fehlen schnelle Verbindungen. Der zögerliche Ausbau der Öffis hat mit dem stürmischen Wohnbau nicht mitgehalten. "Bezirkskaiser" haben den Bau wichtiger Straßenbahnlinien verzögert und ein attraktives Radwegenetz verhindert. Konzepte für Schnellbusse und einen weiteren Ausbau der Schnellbahn liegen in diversen Schubladen.

Jetzt müsste der Bürgermeister auf die Klimaministerin zugehen und ökologische Alternativen zur Lobau-Autobahn verlangen. All die Erwartungen in dieses Projekt müssten halt auf klimaverträgliche Art erfüllt werden. Auch bei der besetzten Stadtstraße sollte sich Ludwig bewegen. Denn einerseits ist sein Kalkül, die Baustellenbesetzer in der Kälte "auszuhungern", nicht aufgegangen: Die Kids sind zäher als gedacht. Zweitens ist eine vierspurige Stadtstraße ohne Anschluss an die Lobau-Autobahn sinnlos. Zur Anbindung der Neubaugebiete reicht auch eine redimensionierte Straße mit Radstreifen und vielen Querungsmöglichkeiten. Wenn zugleich Straßenrückbauten und Begrünung die verkehrsgeplagten Ortskerne entlasten, kann
eine tolle Win-win-Situation entstehen.