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Die Verbraucherrechte werden gestärkt

Von Michael Metzner

Recht
Heuer gibt es die seit 20 Jahren gravierendste Änderung des Kaufrechts.
© adobe.stock / Evolvect

Das neue Kaufrecht und was im Online-Handel bei digitalen Produkten neuerdings zu beachten ist.


Für digitale Produkte - dazu zählen digitale Inhalte sowie Dienstleistungen - gibt es seit dem Jahresbeginn neue gesetzliche Regelungen. Das Ziel ist es, die Rechte der Verbraucher zu stärken. Neben einem erneuerten Mängelgewährleistungsrecht sollen Verkäufer den Käufern zum Beispiel stets erforderliche Aktualisierungen bereitstellen. Was aber bedeutet das neue Kaufrecht für Verkäufer? Wer sich als Verkäufer nicht angreifbar machen will, muss die jüngsten Neuerungen gesetzeskonform umsetzen. Hier eine Übersicht über die Regelungen, die für Händler besonders greifen.

  • Das neue Kaufrecht: Was genau passiert da eigentlich?

Seit dem 1. Jänner 2022 müssen sich Händler auf weitreichende Änderungen einstellen. Denn europaweit wird das Kaufrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch angepasst und vereinheitlicht. Damit tritt die seit 20 Jahren gravierendste Änderung des Kaufrechts ein. Mit der Konsequenz, dass Händler mit ungewohnten Regelungen und zahlreichen Umbrüchen rechnen müssen.

  • Anpassungen im Gewährleistungsrecht

Im Fokus des neu geltenden Vorkaufsrechts steht vor allem das Gewährleistungsrecht. Es besagt, dass jeder Verbraucher ein Recht darauf hat, fehlerfreie Ware zu erhalten. Wird dies nicht eingehalten, greifen gesetzliche Regelungen, welche Ansprüche der Verbraucher gegenüber dem Verkäufer stellen kann. Wurde bisher immer im Einzelfall konkret entschieden, was als Sachmangel gilt, wird der Begriff nun einheitlich und umfangreicher definiert.

Als fehlerfrei gilt die Ware, wenn sie einerseits subjektiven Anforderungen entspricht, die im Kaufvertrag festgelegt wurden. Andererseits müssen objektive Anforderungen eingehalten werden, also was vom Käufer erwartet werden kann. Drittens muss die Ware den Montage- beziehungsweise Installationsanforderungen entsprechen, sie muss also sachgemäß montiert oder installiert werden. Auch eine dazugehörige Anleitung muss mangelfrei sein.

  • Neue Fristen müssen eingehalten werden

Verbraucherfreundlicher wird außerdem die Art und Weise, wie Verbraucher ihre Rechte geltend machen können. Händler müssen hier künftig sehr gut aufpassen. Denn viel Zeit, das Gespräch mit Kunden zu suchen und Sachverhalte zu diskutieren, bleibt nicht. Alleine die Meldung eines Mangels führt dazu, dass eine festgelegte Frist in Lauf gesetzt wird. Wird es dem Verbraucher "zu bunt", kann er einfach den Rücktritt von der Ware erklären, ohne Fristsetzung mit Ablehnungsandrohnung. Das heißt, er kann sich auch gegen die Ware entscheiden, ohne den Ablauf einer Frist abzuwarten. Das Recht zur Nacherfüllung, dass also der Käufer ihm das Produkt ohne Mangel noch einmal zusendet oder den Mangel beseitigt, wird demnach in gewisser Weise eingeschränkt - zugunsten des Verbrauchers.

  • Ein Jahr "zittern", bis man ein Produkt verkauft hat

Die Frist, innerhalb derer der Verbraucher nach dem Kauf behaupten kann, dass das Produkt schon beim Kauf mangelhaft war, verlängert sich: und zwar von einem halben auf ein ganzes Jahr. Das ist eine beachtliche Zeit und bedeutet für den Verkäufer Druck. Denn in dieser Zeit muss er beweisen, dass sein Produkt ohne Mangel verkauft wurde.

  • Das Inkrafttreten von Karenzfristen

Hinzu kommen für Händler die neu inkrafttretenden Karenzfristen, die sich auf das Ende der Gewährleistungsfrist beziehen. Stellt ein Verbraucher am letzten Tag vor Ende der Jahresfrist doch noch einen Mangel fest, so muss er diesen keineswegs mehr noch an demselben Tag melden, wie es bisher galt. Ab Jänner kann er sich in einem solchen Fall noch mindestens zwei Monate zusätzlich Zeit lassen, diesen Mangel geltend zu machen. Händler müssen sich folglich eine lange Zeit darauf einstellen, dass Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden.

  • Der Streitpunkt Garantien wird komplexer

Garantien sind freiwillige Leistungen eines Händlers - nicht also zu verwechseln mit den gesetzlich verankerten Gewährleistungen. Mit dem neuen Kaufrecht müssen Garantieerklärungen ab Jänner auch ohne Verlangen des Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Es reicht also nicht, die Garantieerklärungen abrufbereit auf der Website aufzuführen. Vielmehr müssen sie dem Käufer unbedingt auf einem Datenträger mitgeschickt werden. Darüber hinaus muss deutlich werden, dass daneben stehende gesetzliche Gewährleistungsansprüche unberührt bleiben und dass deren Inanspruchnahme unentgeltlich ist.

  • Neue Kategorien für Waren

Eine ebenso große Änderung, die als epochal gelten kann, ist die zukünftige Unterscheidung in die folgenden Kategorien: analoge Waren, digitale Waren und Waren mit digitalen Elementen. Besonders für digitale Waren und Waren mit digitalen Elementen kommt ab dem neuen Jahr außerdem eine Aktualisierungspflicht zu tragen. Sie läuft so lange, wie die gewöhnliche Nutzungsdauer beträgt. Das kann also lange dauern. Tritt künftig innerhalb von zwei Jahren ein Mangel auf, dann gilt das Produkt schon von Beginn an als mangelhaft.

Will ein Händler sein digitales Produkt ohne Aktualisierungspflicht verkaufen, muss dies dabei gesondert festgehalten werden. Es ist nicht ausreichend, dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erwähnen oder voreingestellt in den Bestellvorgang zu integrieren. Händler sollten sich deshalb dringend darum kümmern, ihre Onlineshops mit entsprechenden Funktionen zu versehen, sodass sie der Aktualisierungspflicht gesetzeskonform nachkommen.

  • Merkmale von Produkten gesondert festhalten

Ein letzter Punkt, der einen großen Einfluss haben wird, betrifft negative Merkmale von Produkten. Das ist zum Beispiel der Fall bei Waren, die mit Mängeln verkauft werden, oder auch bei gebrauchten Produkten. Reichte es bisher aus, solche Merkmale in der Artikelbeschreibung aufzuführen, so muss man diese seit Jänner nun in eigenständigen Vereinbarungen und gesondert vom eigentlichen Kaufvertrag vermerken. Warum ist das so wichtig? Geht man davon aus, dass ein Händler diese Regelung nicht umsetzt und bei seinen gebrauchten Handys weiterhin nur in der Artikelbeschreibung aufführt, dass es sich um Gebrauchtware handelt, dann könnte ein Käufer "tricksen" und behaupten, er habe ein neues Smartphone gekauft, welches Mängel aufweise, und das Geld zurückfordern.

Ganz allgemein sollten sich Händler jedenfalls mit den nun geltenden neuen Regelungen intensiv auseinandersetzen. Denn selbst bei kleinsten Verstößen kann es zu Abmahnungen und Konsequenzen kommen.

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