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Eine Bundesagentur für Baukultur

Von Gottfried Kneifel

Gastkommentare
Gottfried Kneifel war Präsident des Bundesrates und ist Geschäftsführer der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich.
© Parlamentsdirektion / Photo Simonis

Es braucht mehr steuerliche Anreize für die Erneuerung der Ortskerne, damit in denkmalgeschützte Objekte investiert und nicht noch mehr Boden verbaut wird.


Fast drei Viertel aller Touristen, die nach Österreich kommen, geben als vorrangiges Reisemotiv den Besuch von baukulturellen Objekten an - im Gegensatz dazu hat eine Analyse des Kulturministeriums ergeben, dass hierzulande das baukulturelle Erbe eher zu gering geschätzt wird. "Oft wird auch inadäquate, billige Verbrauchsarchitektur produziert, statt auf Nachhaltigkeit, architektonische Qualität und Raumeffizienz zu achten", lautet die Analyse der Studienautoren, die zur Verbesserung der Situation eine Bundesagentur für Baukultur anregen.

Deren rasche Einrichtung ist - auch aufgrund eigener jahrelanger Forschungen der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) - zu begrüßen und einzufordern. Allerdings sollte diese neue Agentur, nachdem bereits 69 von 73 Bundesagenturen ihren Sitz in Wien haben, nicht in der Bundeshauptstadt angesiedelt werden, sondern dezentral in einem anderen Bundesland. Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) hat dazu sicher ein geeignetes Raumangebot in petto.

Inhaltlich sollte diese Bundesagentur die Steigerung der gesellschaftlichen Bedeutung von Baukultur und baukulturellem Erbe, die Stärkung von Ortskernen sowie die wirtschaftliche Nutzung der Objekte fördern. Sie sollte in Kooperation mit Geldgebern, Förderstellen, Privaten und Banken gezielte Programme entwickeln mit dem Ziel, höhere baukulturelle Qualität mit sinnvoller wirtschaftlicher Nutzung zu vereinbaren und die Politik auf Bundes- und Landesebene sowie Städte und Gemeinden laufend zu beraten.

In Österreich gibt es derzeit mehr als 40.000 denkmalgeschützte Objekte. Davon befinden sich aktuell 33 Prozent in Privateigentum, 29 Prozent sind in Gemeindebesitz, 27 Prozent gehören Religionsgemeinschaften, Kirchen oder Klöstern, 5 Prozent sind im Eigentum von Unternehmen, und die Republik sowie die Bundesländer halten jeweils 3 Prozent.

Es braucht vor allem mehr steuerliche Anreize für die Erneuerung der Ortskerne. Dazu folgende konkrete Vorschläge:

Abschaffung der Liebhaberei-Vermutung für Denkmal-Investoren;

Geltendmachung von Sonderausgaben, wenn in kulturelles Erbe und in Ortskerne investiert wird;

staatliche Kreditgarantien für Investitionsprogramme in Kulturbauten;

Abschaffung der Grundsteuer, diverser Lustbarkeitsabgaben und anderer Abgaben und Steuern auf denkmalgeschützte Objekte, die derartige Immobilien benachteiligen.

Die erste Aufgabe der neuen Bundesagentur für Baukultur müsste darin bestehen, ein Modell zu entwickeln, damit das Kostenrisiko und die Bürokratie so weit minimiert werden, dass Investoren sich eher dafür entscheiden, ein denkmalgeschütztes Objekt im Ortskern zu nutzen, statt für einen Neubau wertvollen landwirtschaftlichen Boden an der Gemeindeperipherie zu verbrauchen.