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Eine Führungsrolle für Europa bei sauberer Energie

Von Susi Dennison

Gastkommentare
Susi Dennison leitet das Programm "European Power" beim European Council on Foreign Relations (ECFR).
© ECFR

Die EU muss zeigen, dass Klimaschutz und Energiesicherheit vereinbar sind.


Am Ende stand die COP27 unter Dampf. Die letzte Textfassung erwähnt die Akzeptanz "emissionsarmer Energien", was bei den Ländern, die Indiens Vorschlag zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen unterstützt hatten, einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Doch gab es eine entscheidende Wende, die der Konferenz ein wenig Erfolg bescherte: Die EU erklärte sich bereit, im Falle der weltweiten Verpflichtung zur Emissionsbegrenzung bis 2025 einen neuen Fonds zu unterstützen, der in den gefährdetsten Ländern der Welt Maßnahmen gegen Klimakatastrophen finanziert. Bis dahin hatte die EU an der Seite der USA von weniger entwickelten Ländern vorgebrachte Ideen blockiert. Nun, im letzten Moment, blieben die USA allein in der Opposition.

Seit ihrer Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen fokussieren die USA darauf, ihren Klimabeitrag mittels staatlicher Unternehmensbeihilfen für Investitionen in saubere Energie zu leisten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die EU hingegen will beim "European Green Deal" mit gutem Beispiel vorangehen. Zentrale Aspekte wie der CO2-Grenzausgleichsmechanismus werden es Nachbarländern erschweren, mit EU-Unternehmen zu konkurrieren, wenn sie nicht auch dekarbonisieren.

Mit dem Ukraine-Krieg bekam die EU-Klimapolitik ein Glaubwürdigkeitsproblem. In der Energiekrise ersetzten zahlreiche EU-Staaten fossile Brennstofflieferungen aus Russland schnell durch gleichartige Energien. Dies brachte ihnen bei der COP27 den Vorwurf der Heuchelei ein, als sie andere Länder drängten, ihre Ziele im Rahmen des Pariser Abkommens zu erfüllen und auszuweiten. Der "Energy Deal Tracker" des European Council on Foreign Relations zeigt, dass an dem Vorwurf etwas dran ist. Nur die Hälfte der bis heuer neu abgeschlossenen Handelsabkommen zur Energieversorgung der EU beinhalten Elemente sauberer Energie - und das von unterschiedlicher Qualität: von der Verpflichtung zur Erschließung erneuerbarer Energiequellen mit Nicht-EU-Ländern über die Entwicklung sachgerechter Infrastruktur bis zu Direktimporten sauberer Energie. Die COP27 zeigte, wie fragil die globale Kooperation ist, mit Blick auf die klaffende Vertrauenslücke bei Klima- und Schuldenfinanzierung und den Impfnationalismus. Es ist auch nicht ausgemacht, dass der nächste US-Präsident das Klima schützen will.

Somit ist der späte Gesinnungswandel zur Aufstockung der Klimafinanzierung für die schutzbedürftigsten Länder zwar begrüßenswert, doch die EU muss ihrer Führungsrolle durch konkrete Beispiele neuen Schub verleihen und zeigen, dass Klimamaßnahmen und Investitionen in den raschen Ausbau sauberer Energien mit einer nachhaltigen Energiesicherheit vereinbar sind und sich rechnen. Ein tragfähiger industrieller Wandel auf EU-Ebene wird Europas Position verbessern, wenn aus den USA die Auswirkungen des "Inflation Reduction Act" spürbar werden.

Eine erfolgreiche europäische Kombination aus Investition und Regulierung könnte sogar die USA überzeugen, auch im Bereich der Regulierung mehr zu tun - und gemeinsam China besser Paroli zu bieten. Die EU muss aber jetzt handeln.

Übersetzung: Ingo J. Biermann